Schönhuber darf weiter hetzen

■ Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung ein

Berlin (dpa/AFP/taz) – Die Staatsanwaltschaft Landshut wird den Chef der rechtsradikalen „Republikaner“, Franz Schönhuber, nicht wegen Volksverhetzung strafrechtlich verfolgen. Schönhubers Angriffe gegen den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, wertete die Behörde in ihrer gestrigen Entscheidung zum Abschluß der Vorermittlungen zwar als „Beleidigung“, nicht aber als Volksverhetzung. In der Begründung dazu heißt es, daß Schönhubers umstrittene Äußerungen sich nicht gegen eine ganze Bevölkerungsgruppe gerichtet haben, sondern „namentlich allein gegen Herrn Bubis und Herrn Friedman“. Sie seien daher „nicht als Aussage über die in Deutschland lebenden Juden anzusehen“.

Zur Frage, ob die Äußerungen Schönhubers als „verletzendes Werturteil“ zu verfolgen seien, verwies die Staatsanwaltschaft darauf, daß Bubis und Friedman selbst keinen Strafantrag gestellt hätten. Die beiden seien zwar „Angehörige einer Gruppe, die unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde“, das heißt, eine Beleidigung könnte auch unabhängig von einer Anzeige der Betroffenen geahndet werden – aber die Beleidigung durch Schönhuber hänge nicht mit der Tatsache der Verfolgung zusammen, argumentierte die Staatsanwaltschaft.

Hintergrund der Vorermittlung sind Auseinandersetzungen unmittelbar nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Lübeck am 25. März. Bubis und Friedman hatten Schönhuber als „geistigen Brandstifter“ bezeichnet und Rechtsradikale für die Tat verantwortlich gemacht. Als Reaktion darauf erklärte Schönhuber auf einem Parteitag: „Ich werde keinen Zentimeter davon abgehen, Herrn Bubis als einen der schlimmsten Volksverhetzer Deutschlands zu bezeichnen.“

Bubis sagte gestern, daß er auch weiterhin keinen Strafantrag gegen Schönhuber stellen wird. Friedman nannte den Beschluß ein Armutszeugnis. Die Begründung, daß Schönhuber nur konkrete Personen und keinen Bevölkerungsteil angegriffen habe, sei zynisch.

Führende Funktionäre der rechtsradikalen „Republikaner“ haben sich nach Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes im vergangenen Jahr an fremdenfeindlichen Gewalttaten beteiligt. Wie das Düsseldorfer Innenministerium am Donnerstag mitteilte, hat unter anderem ein Mitglied des Bezirksvorstandes Mittelrhein einen Angriff auf ein Asylbewerberheim in Bergheim-Zieverich bei Köln mit verübt. Damit bestätigte das Ministerium einen Bericht der Neuen Rhein/ Ruhr Zeitung (NRZ).

Aus einer eidesstattlichen Erklärung eines Mitglieds des Landesvorstandes der Partei gehe hervor, daß der Vorfall vertuscht worden sei, „um die Partei nicht in Mißkredit zu bringen“. Der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Achim Baumann, bezeichnete es im WDR als „Skandal“, daß hohe Parteigremien versuchten, Straftaten ihrer Mitglieder nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.

Wie aus einem Dossier des Innenministeriums hervorgeht, wird gegen Mitglieder der Rep-Kreisvorstände Wuppertal, Recklinghausen und Herford wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. Nach dem Bericht wurden zwei Rep- Mitglieder zu je vier Jahren Haft verurteilt, nachdem durch eine „Scheinhinrichtung“ ein herzkranker Türke gestorben war. Zwei Mitglieder des Kreisvorstandes Dortmund wurden nach einer Messerstecherei mit ausländerfeindlichem Hintergrund wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. aku Seiten 4 und 10