■ Tour d'Europe
: Waffen in alle Welt

Mit Waffenexporten im Wert von knapp zwei Milliarden Dollar lag Deutschland 1992 – für 1993 liegen noch keine Daten vor – weltweit hinter den USA und der früheren Sowjetunion auf Platz drei und vor Frankreich (1,1 Milliarden) und Großbritannien (952 Millionen) an der Spitze der zwölf EU- Länder. Wenn man das zu Europa und Asien gehörende Rußland nicht berücksichtigt, war Deutschland 1992 damit auch Export-Spitzenreiter in ganz Europa. Bei den Exporten in die „Dritte Welt“ (alle Länder außer den USA, Kanada, Ex-UdSSR, Europa, Australien, Neuseeland, Japan) lag Großbritannien 1992 noch vor Deutschland und Frankreich. Deutlich zurückgefallen sind die Tschechische Republik und die Slowakei. Als gemeinsame Tschechoslowakei exportierten beide noch 1991 mehr Waffen in die „Dritte Welt“ als Deutschland. Im innereuropäischen Waffenhandel waren Griechenland (1,9 Milliarden US-Dollar) und die Türkei (1,5 Milliarden) 1992 die mit Abstand größten Importeure vor Spanien, Deutschland und der Tschechischen Republik. Auch weltweit lagen die beiden verfeindeten südosteuropäischen Staaten 1992 und 1993 an der Spitze. Für die gigantische Aufrüstung der beiden Länder sind ihre 14 Nato-Verbündeten verantwortlich – erneut mit Deutschland an der Spitze aller Lieferungen in die Türkei. Ein großer Teil dieser Exporte taucht nicht in den Statistiken auf, denn sie erfolgten im Rahmen des sogenannten „Kaskadenprogramms“ der Nato: Der Wiener KSZE-Vertrag, den die 16 Nato-Mitglieder 1991 mit den Staaten der ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten abschlossen, sieht die Verschrottung Tausender Panzer, Artilleriegranaten, Infanteriefahrzeuge und Kampfflugzeuge im Gebiet zwischen Atlantik und Ural vor. Im mitteleuropäischen Zentrum müssen dabei mehr Waffen zerstört werden als in den Außenregionen des Vertragsgebiets. Um ihre modernen Waffensysteme vor der Verschrottung zu schützen, verlegte die Nato sie in ihre Randzonen – in die Türkei, nach Griechenland, nach Süditalien und Spanien. Durch das „Kaskadenprogramm“ erhielten Ankara und Athen überwiegend angriffsfähige Waffensysteme. Und dies, obwohl die Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei wegen Zypern, der Ägäis und der Konflikte in Ex-Jugoslawien ständig zunehmen. Nach Ansicht vieler Beobachter wächst die Gefahr eines Krieges zwischen den beiden Staaten.Azu

Für die strikte Kontrolle oder völlige Einstellung des Waffenexports aus Europa arbeiten seit langer Zeit viele Initiativen und Gruppen. Eine zentrale Anlaufstelle, die viele hilfreiche Materialien bereithält, ist die Projektgruppe „Rüstungsexport“, KOMZI e.V., Bahnhofstraße 18, 6270 Idstein, Tel. 06126-53118, Fax 06126/54660. Zu den Organisationen, die Vorschläge für eine strikte Waffenausfuhrkontrollregelung auf der Ebene der EU entwickelt haben, gehört die Safer World Foundation, 82 Colston Street, Bristol BS 1 5 BB, GB, Tel: 0044-272-276435.