„Das ist Geschichte“

■ DSV bezeichnet jüngste Doping-Enthüllungen als „Hexenjagd“

Kassel (dpa) – Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) stellt sich vor seine AthletInnen. „Wir lassen eine Hexenjagd nicht zu. Wir wollen keine Prügelknaben, wir wollen eine bessere Zukunft“, erklärte DSV-Präsident Klaus Henter. Der DSV wird gegen die des Dopings bezichtigten früheren DDR-Schwimmerinnen Kristin Otto, Daniela Hunger, Heike Friedrich und Dagmar Hase kein Verfahren einleiten. Henter: „Wir sehen keinen Handlungsbedarf.“ Der DSV-Präsident: „Wir können und wollen nicht die Zukunft von Menschen kaputtmachen, die in der Vergangenheit mißbraucht worden sind. Das, was da abläuft, ist menschenverachtend.“ Und: „Das ist Geschichte, wir sind nicht Rechtsnachfolger des DDR-Verbandes.“

Mit der Veröffentlichung eines Original-Doping-Dokuments als Beleg für stark erhöhte Testosteron-Werte vor der Europameisterschaft 1989 in Bonn waren die vier früheren DDR-Schwimm-Stars von dem Heidelberger Professor Werner Franke des Dopings bezichtigt worden. Franke wird vom DSV aufgefordert, sich schriftlich zu erklären. Der DSV sei nicht länger bereit, einseitige Doping-Bezichtigungen mitzumachen. Henter: „Wir wollen nicht mit dem Finger nach Osten zeigen, denn vier Finger zeigen zurück.“ Mit Erleichterung reagierte verständlicherweise die attackierte Dagmar Hase auf die Entscheidung des DSV. „Ich finde es gut, daß der DSV endlich einmal vor den Athleten steht, was nicht immer der Fall war“, meinte die Olympiasiegerin aus Magdeburg.

Mit einer Bestrafung durch den DSV muß dagegen Sylvia Gerasch rechnen. Im Gegensatz zu bisherigen Ansichten wird der DSV gegen die im vergangenen Jahr in Gateshead des Koffein-Dopings überführte Hannoveranerin doch ein Verfahren einleiten. Die international inzwischen für zwei Jahre gesperrte Athletin muß auf nationaler Ebene mit einer Sperre zwischen drei Monaten und zwei Jahren rechnen.