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Manchmal etwas kauzig – trotzdem kompetent

■ betr.: „Schlappen-Richard goes West“, taz vom 31.3.94

Gewiß muß man auch Richard Schröder nicht in jeder Haltung zustimmen, bei wem könnte man das schon. Vielleicht scheint er manchmal auch etwas kauzig – aber doch in einer Weise, die selbst dem Amt des Bundespräsidenten nicht widerspräche und für das er wie kein anderer Ostdeutscher nicht nur würdig, sondern auch kompetent wäre! Die herablassende und manchmal entwürdigende Art, wie er von Ihnen vorgestellt wird, wird ihm jedenfalls weder menschlich noch politisch gerecht.

Was spricht etwa gegen einen guten Philosophen und Theologen, daß er auch noch anderes kann und gern tut? Ja, er ist sich nicht zu gut, sich auch mal die Finger dreckig zu machen – und hat dazu noch Talent für Handwerkliches (darin übrigens Martin Gutzeit, seinem früheren Assistenten, nicht unähnlich – ich hab' sie oft darum beneidet).

Auch da, wo man anders denkt und entscheidet als Richard Schröder – wie es viele von uns taten im Prozeß der Vereinigung, in der Koalition mit der CDU –, kann man sicher sein, daß er gute Gründe hat, die nicht einfach vom Tisch zu wischen sind, und daß es möglich ist, sie mit ihm sachlich abzuwägen.

Richard Schröder ist kein Revolutionär, doch wer ist das schon. Daß wir im Herbst 1988 in dem gemeinsamen Arbeitskreis über die Parteigründung nachgedacht und er sich zurückgehalten hätte, stimmt so nicht. Er wurde im Frühjahr 1989 erstmals mit diesen Überlegungen konfrontiert und war gegenüber einer Parteigründung ebenso zurückhaltend wie manche andere Akteure des Herbstes 1989. Sie alle wollten keine Partei! Und ich möchte bestimmte Journalisten sehen, die heute mit überheblichem Ton darüber schreiben, was sie getan hätten, wenn sie in dieser Zeit in der DDR danach gefragt worden wären!

Als wir Richard Schröder bei unserem Personalmangel dringend brauchten, für die Verfassungsgruppe des Runden Tisches, sagte er zu und trat in die Partei ein.

Es wäre ein großer Verlust nicht nur für die SPD, sondern für Ostdeutschland und damit für Deutschland als Ganzes, wenn diesem Mann mit seinen Fähigkeiten, Erfahrungen und mit seiner unwiederbringlichen Art eine Rückkehr in die Politik unmöglich gemacht würde. Markus Meckel, MdB, Bonn

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