Überstunden inklusive

■ Bei Sachsen-Zweirad geht die Arbeit nach dem Wetter

Ein fragwürdiger Sonderweg außerhalb des Tarifvertrages ist in der Neukircher Sachsen-Zweirad GmbH vereinbart worden. Die etwa 300 Beschäftigten des größten Unternehmens der Gemeinde sollen bei guter Auftragslage Überstunden schrubben, bei Flaute dafür nur Kurzarbeit. Unterm Strich soll dann die reguläre Jahresarbeitszeit herauskommen. Daher gibt es für Überstunden nur das normale Geld und keinen Pfennig mehr. Bleiben am Jahresende doch Arbeitsstunden übrig, können die KollegInnen sie abfeiern.

„Fahrräder sind ein Saisongeschäft“, begründet Betriebsrat Frank Bayer den Vertrag, mit dem er bei der IG Metall „ins Fettnäpfchen“ getreten sei. Das Modell sei „aus Ideen der Belegschaft geboren“ und würde ihr Kurzarbeit ersparen. „Man muß sich auf die Situation einstellen“, macht sich der Betriebsrat der 1991 privatisierten Fahrradfirma Mut.

Die Gewerkschaft sieht das kritischer: „Hier werden Überstunden in reguläre Arbeitszeit uminterpretiert“, meint IG-Metall-Sekretär Ralf Konstanzer. Über „saisonbedingte Auftragsspitzen“ hätte auch innerhalb des Tarifvertrages verhandelt werden können. Das Risiko würde nun die Belegschaft allein tragen. „Die Arbeitnehmer werden abhängig von Zwängen, die sie gar nicht nachvollziehen können und bei denen ihre Interessen hintangestellt sind.“ Wenn bei schönem Fahrradwetter zehn bis zwölf Arbeitsstunden gefordert werden, sei das vor allem für die Frauen und die Älteren besonders hart.

Ganz so freiwillig, wie es die Neukircher heute darstellen, haben sie sich auf den Deal doch nicht eingelassen. Die Geschäftsleitung wäre bei weniger Entgegenkommen mit ihren „Biria Bikes“ einfach über die nahe tschechische Grenze gegangen. Konstanzer: „Als Firma, der es relativ gut geht, mit der hohen Arbeitslosigkeit in dieser Region zu drohen, ist besonders hinterhältig.“ Detlef Krell