Bayern will weitere Kurden abschieben

■ Streit um Abschiebung in die Türkei geht weiter / Parteienkonsens gegen türkische EU-Mitgliedschaft / Nato: Deutsche Waffenhilfe bereits geleistet

Hamburg (dpa/taz) – Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU, SPD und FDP haben sich am Wochenende angesichts der türkischen Politik gegenüber den Kurden gegen eine Mitgliedschaft des Nato-Staats in der Europäischen Union (EU) ausgesprochen. Der innenpolitische Schlagabtausch um die Frage einer möglichen Abschiebung militanter Kurden hielt dagegen an. Die bayerische Polizei nahm am Samstag zwei Asylbewerber im Alter von 23 und 28 Jahren fest, die an den Autobahnblockaden vor drei Wochen beteiligt gewesen sein sollen. Bayerns Innenminister Beckstein hatte erklärt, etwa 20 Kurden ausweisen zu wollen. Mindestens zehn Ausweisungsbescheide sind bereits ergangen, gegen die aber überwiegend Rechtsmittel eingelegt wurden.

Nordrhein-Westfalens Justizminister Krumsiek (SPD) erklärte, daß Abschiebungen in die Türkei stets genaue Einzelfallprüfungen vorausgehen müßten. Er lehne einen generellen Abschiebestopp aber ab. Es sei Rechtspraxis, Ausländer bei weniger gewichtigen Straftaten auszuweisen und auf eine Anklage zu verzichten. Bei schwereren Fällen bestehe die Justiz aber auf Verurteilung und Haft. Im Regelfall erfolge die Ausweisung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe. Auch nach Ansicht des Parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Bundestagsfraktion, Uwe Lühr, sollten straffällig gewordene Kurden in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Erst nach Strafverbüßung könne man eine Abschiebung erwägen. Das setze aber voraus, daß den Betroffenen weder Folter noch Tod drohe.

Ein übergreifender Konsens herrscht hingegen in der Frage der türkischen EU-Mitgliedschaft. Die Türkei disqualifiziere sich „nachhaltig“ durch die „gewaltsame Unterdrückung der Kurden“, sagte SPD-Präsidiumsmitglied Heidemarie Wieczorek-Zeul. Ebenso nannte der Chef der Bonner CSU- Landesgruppe, Michael Glos, „eine angemessene Lösung der Kurdenproblematik“ als ein Kriterium für die Aufnahme der Türkei in die EU. Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Irmer, forderte, den Druck auf die Türkei zu vergrößern: „Solange die Türkei die Kurdenfrage nicht friedlich klärt und die Kurden nicht anerkennt, führt für den Staat kein Weg in die EU.“ – Daß die Türkei bereits das von Bonn zugesicherte Kriegsgerät nahezu komplett erhalten hat, bestätigte ein Sprecher der Luxemburger Nato-Agentur für Wartung und Versorgung. Seine Dienststelle wickelt den Transport ab. Alle versprochenen Panzer seien geliefert worden. Die Waffen stammen vor allem aus Beständen der NVA.

Siehe auch Seiten 4 und 10