■ Mit der Gatt-Bilanz auf du und du
: Afrika verliert

Berlin (taz) – Nach den Berechnungen von Weltbank und OECD gewinnen die Länder der Europäischen Union und China am meisten durch die Handelsliberalisierung. Für die EU soll der Gewinn jährlich 80 Milliarden US-Dollar ausmachen, für China 37 Milliarden. Den Vorteil haben die EU-Verbraucher durch sinkende Agrar- und Textilpreise. Außerdem erhöhen sich die Gewinnaussichten der Industrie durch den verbesserten Zugang zu Exportmärkten. China gewinnt vor allem durch die Liberalisierung im Textilhandel. Auf der Verliererseite stehen in den reichen Ländern die Bauern, weil die Agrarexporteure der armen Länder billiger produzieren können und nicht in dem Maße wie bisher durch Zölle ausgegrenzt werden dürfen. Insgesamt soll das Welteinkommen bis zum Jahr 2005 jährlich um rund 230 Milliarden Dollar wachsen. Vermutlich sind die Weltbank- und OECD-Ökonomen hier aber zu optimistisch. So gehen sie davon aus, daß die Konsumenten in der EU, die pro Nase und Jahr für Agrarsubventionen 765 Mark ausgeben müssen, dieses Geld nun uneingeschränkt für anderes zur Verfügung haben.

Realistisch allerdings ist die Annahme, daß zwei Drittel der Gewinne aus der Handelsliberalisierung den Reichtum der Industriestaaten mehren werden, während dem armen Rest der Welt ein Drittel bleibt. Schon heute beträgt der Anteil der Industriestaaten rund zwei Drittel am Welthandel.

Unter den Entwicklungsländern ziehen all jene Vorteile aus dem Gatt, die ihre Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren liberalisiert und auf den Export orientiert haben: Vor allem sind das Lateinamerika, das jährlich um acht Milliarden US-Dollar reicher werden soll, und die Schwellenländer Asiens (20,6 Mrd. Dollar). Das Gatt gibt ihnen erstmals die Chance auf Marktzutritt in den reichen Ländern, die sich bisher sehr viel effizienter gegen Importe abgeschottet haben als die Entwicklungsländer.

Weiter erschwert wird das Leben der ärmsten der Armen in Schwarzafrika, deren Verlust sich auf jährlich 2,6 Milliarden Dollar addieren soll. Ihr großes Problem ist die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten. Weil die reichen Länder ihre Agrarprodukte weniger subventionieren dürfen, müssen sie zu steigenden Weltmarktpreisen Lebensmittel einkaufen. Andererseits öffnet sich langfristig durch steigende Weltmarktpreise fürs Essen die Chance, daß sich Akkerbau in Afrika wieder lohnt. Schließlich waren es die Dumpingpreise der Europäer, die viele afrikanische Bauern ihre Existenz gekostet haben. dri