Noch fehlen zwölf Stimmen für die Neuwahlen

■ Morgen entscheidet der Potsdamer Landtag über vorgezogenen Wahltermin

Potsdam (taz) – Ob in Brandenburg am 12. Juni vorgezogene Neuwahlen stattfinden können, hängt wohl in erster Linie davon ab, ob die CDU-Abgeordneten morgen mit dem rechten oder linken Bein zuerst aus ihrem Bett steigen. Oder ob sie überhaupt aufstehen. Am Mittwoch müssen die Parlamentarier nämlich in einer von PDS und CDU initiierten Sondersitzung des Landtages für oder gegen die Auflösung des Potsdamer Parlaments votieren. Und das öffentlich. Für was sich der einzelne Christdemokrat, der an der Fortzahlung seiner Diäten interessiert ist, schließlich entscheidet, steht noch immer in den Sternen.

Erwartet wird, daß in den Reihen der CDU-Fraktion einige Stühle leer bleiben. Zwar will sich die CDU heute in einer Fraktionssitzung über ihr Abstimmungsverhalten verständigen – zu einem einheitlichen Votum wird sie gewiß nicht kommen.

Klar ist in Brandenburg lediglich, daß von 88 Abgeordneten des Landtages zwei Drittel, also 59, für die Selbstauflösung stimmen müssen. Sicher ist auch, daß die FDP- Fraktion geschlossen mit sechs Stimmen den Antrag zurückweisen wird. Zum einen fürchtet Brandenburgs FDP, bei den „Stolpe- Wahlen“ unterzugehen. Zum anderen möchte sie bis zu dem regulären Wahltermin am 11. September dem Wähler eine sozialliberale Koalition schmackhaft machen. Gegen den Antrag werden weiterhin vier der fünf fraktionslosen Abgeordneten stimmen.

SPD-Landeschef Steffen Reiche rechnet damit, „daß weniger als fünf SPD-Abgeordnete“ Neuwahlen blockieren werden. Vor knapp drei Wochen hatten auch SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler und der Ministerpräsident zu Neuwahlen geblasen. Schließlich schielen Stolpe und Co. auf die absolute Mehrheit. Auch die PDS und die ehemalige Bündnisfraktion wollen sich morgen geschlossen dem Votum der SPD anschließen.

47 Abgeordnete werden am Mittwoch vormittag also für die vorzeitige Auflösung des Parlaments stimmen. Es fehlen zwölf Stimmen zur Zweidrittelmehrheit, die von der 26köpfigen CDU- Fraktion kommen müßten. Für den Fall, daß ein Dutzend Christdemokraten den Antrag ihrer eigenen Fraktion nicht mittragen wird, will Stolpe mit seiner sozialliberalen Minderheitsregierung bis zum 11. September weiterregieren.

Gestern war von der CDU-Führung keine Antwort zum Abstimmungsverhalten zu erhalten. Der parlamentarische Geschäftsführer Markus Vette (CDU) versteifte sich auf die Forderung, wonach zu Beginn der Sondersitzung der Landtag Stolpe zum Rücktritt auffordern soll.

Das Präsidium des Parlaments hatte diesen Antrag vor zwei Wochen bereits als verfassungswidrig abgeschmettert. Trotzdem wollen die Cristdemokraten morgen den gleichen Antrag auf die Tagesordnung setzen. Anja Sprogies