Aus für Wohnprojekt?

■ In der Yorckstraße 59 steigt die Miete um das Dreifache / Hinter den Eigentümern verbirgt sich die Sorat-Gruppe / Eine Initiative ruft zum Boykott der Firma auf

Wenn es um autonome Alltagskultur geht, um politische Ausstellungen oder antirassistische Projekte, ist man in der Yorckstraße 59 in Kreuzberg an der richtigen Adresse. Neben 60 BewohnerInnen haben hier Projekte wie die „Antirassistische Initiative“, das ImmigrantInnenprojekt „Dipipol“ oder die „Afrikanische Fraueninitiatve“ ihren Platz gefunden. Geht es dagegen nach dem Willen der Labani GmbH, sollen Bewohnerinnen wie Projekte bald auf der Straße stehen. 16,50 DM pro Quadratmeter statt bisher 5,20 Mark verlangt der Eigentümer seit Januar vom Hausverein Färbung e.V. für die vier Hinterhofetagen.

Seitdem Kreuzberg nicht mehr im Schatten der Mauer liegt, weht vor allem den BewohnerInnen von Fabriketagen ein scharfer Wind ins Gesicht. Anders als bei Wohnmietverträgen gibt es bei gewerblichen und teilgewerblichen Verträgen nur selten Mieterschutz, die Höhe der Miete ist das Ergebnis des „freien Spiels der Kräfte“. Als die MieterInnen der Yorckstraße Ende 1988 einen Elfjahresvertrag für damals 4,80 Mark pro Qadratmeter für die Hinterhofetagen abschlossen, ahnte keiner, was auf sie zukommen würde. Nach fünf Jahren, so wurde damals vereinbart, sollte die Frage der Miethöhe neu verhandelt werden. Seit 1993 gehört das Grundstück der Labani GmbH. Als Hausverwaltung fungiert eine Firma namens GWF. Hinter dieser und anderen Firmen, die allesamt am Charlottenburger Einsteinufer residieren, verbirgt sich nicht nur die bekannte Sorat- Gruppe, die mit der Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin und Brandenburg ihr Geld verdient, sondern auch Claudia Garski, die Ehefrau des einstigen Bauspekulanten Dietrich Garski, der nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Moabiter Knast selbst noch nicht „geschäftsfähig“ ist.

Nun ist die Sorat-Gruppe auch ins Hotelgeschäft eingestiegen. Neben dem Art-Hotel in der Joachimsthaler Straße besitzt die Sorat-Gruppe bereits vier Nobelhotels, acht weitere befinden sich derzeit im Bau, darunter das Hotel „Gustavo“ in der Prenzlauer Allee im Prenzlauer Berg. Weil sich „hinter den Fassaden der Sorat- Hotels“ das Elend von Obdachlosen und Flüchtlingen verberge, ruft ein Initiativkreis zum Boykott der Sorat-Hotels auf.

Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß die Firmen der Gruppe als „kommerzielle Asylunternehmen“ am „knallharten Geschäft“ mit der Unterbringung von Flüchtlingen verdienten, wobei die Bedürfnisse von Flüchtlingen und Obdachlosen keine Rolle spielten. Die BewohnerInnen der Yorckstraße wollen das Geschäft mit realer und drohender Obdachlosigkeit nicht länger hinnehmen. In einer Presseerklärung fordern sie den Senat auf, jegliche Geschäftsverbindung mit der Sorat einzustellen. Konkret bedeutete dies, daß es keine Zahlungen der Sozialverwaltung mehr für die Unterbringung von Flüchtlingen in Sorat-Heimen geben solle. Ob die BewohnerInnen der Yorckstraße damit Erfolg haben, steht freilich in den Sternen. Heute findet eine erste Verhandlung um den künftigen Mietpreis statt. Wird dabei kein Kompromiß erzielt, soll ein Gutachter der Industrie- und Handelskammer den „Wert“ der Fabriketagen schätzen. „Was dabei rauskommt“, fürchtet ein Bewohner, „kann man sich denken.“ Uwe Rada