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Bausenator auf den Abstellplatz geschoben

■ An leerer Kasse droht Nagels Plan zu scheitern, Stellplatzabgabe abzuschaffen

Wolfgang Nagel war gestern als Berichterstatter nach der wöchentlichen Senatssitzung angekündigt. Doch der Bausenator kam nicht. Hintergrund: Seine Absicht, eine Empfehlung des Rats der Bürgermeister zur sogenannten Stellplatzabgabe abzulehnen, scheiterte – vorerst. Wie berichtet, will der SPD-Senator die Abgabe abschaffen, die Bauherren zahlen müssen, wenn sie die vorgeschriebene Zahl von Stellplätzen bei Büro- und Wohnhäusern nicht bauen. Innerhalb von vier Jahren soll der Wegfall der Stellplatzverordnung durch eine Verkehrsabgabe oder eine andere Regelung ersetzt werden – aber nur, wenn dies möglich ist. Die Bezirke lehnen diese gewagte Idee ab.

Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer und Finanzsenator Elmar Pieroth (beide CDU) sprachen sich gegen die ersatzlose Streichung der Stellplatzabgabe aus, weil dem Land Berlin Millionenbeträge durch die Lappen gehen würden. Im vergangenen Jahr haben die Bezirke schon vorläufig auf 150 Millionen Mark verzichtet. Nagel hat nämlich bereits durchgedrückt, daß auf Grund der zu erwartenden rückwirkenden Gesetzesänderung Investoren die Stellplatzabgabe nicht mehr zahlen brauchen. Sollte das Gesetz nicht geändert werden, müssen die Bauherren nachzahlen. Pieroths Kommentar: „Ärgerlich.“ Nun fehle Geld für Kitas oder etwa die Sanierung von Schulen. Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) soll seinem Kollegen aus dem Bauressort gestern in der anderthalbstündigen Debatte gar „Ideologie“ vorgeworfen haben.

Nagel soll gleich mehrere Antworten schuldig geblieben sein. Offenbar konnte er die Summe nicht beziffern, die dem Land Berlin verlorenginge. Seit seinem Vorstoß im Herbst vergangenen Jahres hat sich dazu die Haushaltslage dramatisch verschlechtert, Berlin kann keine weiteren Einnahmeausfälle verkraften. Allein am Potsdamer Platz würden 300 Millionen Mark verlorengehen. Deshalb war dem Bausenator bereits vorgeworfen worden, Konzerne „versteckt subventionieren“ zu wollen. Dann soll entgegen dem Zeitplan noch immer nicht abschließend geprüft sein, ob die Stellplatzverordnung durch eine von den Grünen geforderte Nahverkehrsabgabe oder andere Ausgleichsregelungen ersetzt werden könnte.

Jetzt steht das Thema in vierzehn Tagen erneut auf der Tagesordnung. Gestern gab der Bausenator keinen Kommentar ab. „Der äußert sich nicht“, hieß es aus seinem Haus. Dirk Wildt

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