„Eine Bereicherung des Affentheaters“

■ Brandenburgs CDU wird morgen gegen die Auflösung des Parlaments stimmen / Damit werden die anvisierten Neuwahlen in Potsdam immer unwahrscheinlicher

Potsdam (taz) – In Brandenburg werden am 12. Juni wohl keine vorzeitigen Landtagswahlen stattfinden. CDU-Fraktionschef Dieter Helm sagte gestern, seine Partei werde auf der heutigen Sondersitzung des Landtages mit „großer Mehrheit“ gegen die Auflösung des Potsdamer Parlaments stimmen. Nur ein Abgeordneter der 26köpfigen CDU-Fraktion, der ehemalige Fraktionsvorsitzende Peter-Michael Diestel, sei „sich noch nicht einig“. Auch die CDU-Fraktionsführung, die vor zwei Wochen noch die Auflösung des Parlaments gefordert hatte, will morgen dagegen stimmen. Nach diesem Votum scheint klar, daß die für eine Parlamentsauflösung erforderliche Zweidrittelmehrheit von 59 Stimmen nicht zustandekommen wird. Für den Antrag werden aller Voraussicht nach 33 SPD-, 13 PDS- und vier Abgeordnete der ehemaligen Bündnis- Fraktion votieren.

Die 35 Köpfe zählende SPD- Fraktion konnte damit nicht alle ihre Schäfchen beisammenhalten. Der wegen einer Grundstücksaffäre geschaßte Bauminister Jochen Wolf und der Abgeordnete Siegfried von Rabenau sollen in einer Probeabstimmung der SPD-Fraktion gegen die Parlamentsauflösung gestimmt haben. Bei Wolf und Rabenau steht fest, daß sie nicht mehr in den neuen Landtag einziehen werden.

Die CDU-Fraktion will morgen zu Beginn der Sondersitzung erneut einen Antrag einbringen, wonach der Landtag Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) zum Rücktritt auffordern soll. Schon zweimal hatte Parlamentspräsident Herbert Knoblich (SPD) den Antrag als „verfassungwidrig“ abgelehnt. Der einzige mit der Verfassung konforme Weg, den Ministerpräsidenten abzulösen, sei das konstruktive Mißtrauensvotum. Und diesen Schritt will die CDU nicht gehen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Birthler kündigte gestern an, daß der CDU-Antrag morgen erneut scheitern werde. Nachdem auch Stolpe sich vehement weigert, die Vertrauensfrage zu stellen, wird die sozialliberale Minderheitenregierung wohl bis zum regulären Wahltermin am 11. September weiterregieren.

Manfred Stolpe bezeichnete gestern das Lavieren der CDU in den vergangenen Tagen als „eine Bereicherung des Affentheaters“. Der bereits in der künftigen Alleinherrschaft seelig schwimmende Ministerpräsident – nach neuesten Umfragen würden über 70 Prozent der Brandenburger ihn direkt zum Ministerpräsidenten wählen – erwägt sogar, für seine Regierungstätigkeit in Zukunft „den Landtag nicht mehr allzu sehr in Anspruch zu nehmen“. Anja Sprogies