Osmans Arbeit „nicht von öffentlichem Interesse“

■ Ägyptischer Publizist wird nach zwanzig Jahren abgeschoben und soll noch im April ausreisen / Innensenator Heckelmann bleibt trotz vieler Proteste hart

Seit zwanzig Jahren lebte und arbeitete der ägyptische Publizist Mohamed Osman in Berlin. Nun wird er abgeschoben. An seiner Arbeit bestehe „kein öffentliches Interesse“, lautet die offizielle Begründung des Innensenators Dieter Heckelmann (CDU). Nachdem Osman sein Studium beendet habe, solle er wie jeder andere ausländische Student wieder in sein Heimatland zurückkehren, hatte die Innenverwaltung bereits vor einem Jahr verfügt (die taz berichtete).

Die Ausländerbehörde verweigerte dem Ägypter die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung, und das Oberverwaltungsgericht bestätigte den Ausweisungsbeschluß.

Osman promovierte nach seinem Soziologiestudium an der Freien Universität Berlin 1991 zum Dr. phil., seine Urkunde trägt die Unterschrift des Innensenators Heckelmann, der damals noch FU- Präsident war. Für Kultursenator Ulrich Roloff-Momin bedeutet die Ausweisung Osmans „ein Verlust für die Stadt Berlin“. Er fordert Heckelmann auf, „das Machbare zu tun, um die Nutzung des Sachverstandes (Osmans) hier in Berlin sicherzustellen“. Die Industriegewerkschaft Medien bezeichnet die Begründung der Ausweisung als anmaßend. Aber auch Interventionen von Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, FDP, SPD, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und selbst der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) verhallten ungehört.

Osman, dem der Paß eingezogen wurde, fühlt sich nach eigenen Worten behandelt wie „ein unmündiges Kind, das man unter Hausarrest gestellt hat“. Die letzten zwei Jahre seien für ihn die „schlechteste Zeit“ gewesen, die er bisher in Deutschland erlebt habe. „Der Staat ist aggressiver geworden, Toleranz ist umgeschlagen in Diskriminierung und Intoleranz.“ Er fürchte um die Demokratie in Deutschland um des deutschen Volkes willen. Deutschland sei seine zweite Heimat geworden. Er habe viele Freunde hier und wolle auf jeden Fall „bald zurückkehren“.

Die Brandenburger Ausländerbehörde hat bereits signalisiert, einem solchen Ersuchen „positiv gegenüberzustehen“. Die Brandenburger hatten vermittelnd eingegriffen, damit der Publizist ohne Abschiebehaft und andere Zwangsmaßnahmen ausreisen kann. Eine Aufenthaltsgenehmigung habe die Behörde jedoch gegenwärtig nicht erteilen können, weil das Land Berlin rechtskräftig die Abschiebung des Ägypters angeordnet habe. Osman müsse also zunächst gehen, um wiederkommen zu dürfen.

Der Arabien-Spezialist hatte sich mit seinen nahezu 100 Rundfunksendungen über Probleme in Krisengebieten der Dritten Welt einen Namen gemacht. Große Aufmerksamkeit erregte sein vom Sender Rias 1982 ausgestrahltes Hörspiel „Eine Reise wie ein Alptraum“. Drei Jahre später erschien das Buch dazu. Osmans Features basierten auf hautnahen Recherchen vor Ort. Er bereiste Syrien, Sri Lanka, Indien, Äthiopien. Das Hörspiel „Ferien bei den Sterbenden“ entstand nach einer Reise durch Teile des Sahel-Gebiets. 1992 kam sein Buch „Verwüstung – Zerstörung von Kulturland am Beispiel des Sudan“ heraus.

Kollegen schätzen an Osman neben seinen „herausragenden“ arabischen Insider-Kenntnissen, daß er in seinen Sendungen „als Autor Stellung bezieht“. Osman zwinge die Hörer, sich mit einer Vielzahl von Fragen auseinanderzusetzen. Mit seinem 1992 in Berlin uraufgeführten Theaterstück „1001 Nacht – Wir können miteinander leben“ warb der 53jährige um Völkerverständigung und Toleranz. Karin Wenk (AP)