Wir bleiben arbeitsfähig

■ In Brandenburgs Landtag scheiterte gestern der Antrag auf Neuwahlen

Potsdam (taz) – In Brandenburg wird erst zum regulären Termin am 11. September ein neuer Landtag gewählt. Deutlicher als erwartet scheiterte gestern in Potsdam der Antrag auf Auflösung des Parlaments: 49 Abgeordnete stimmten dafür, 27 dagegen, vier enthielten sich. Für die Landtagsauflösung und damit für Neuwahlen wäre eine Zweidrittelmehrheit von 59 Stimmen erforderlich gewesen.

Jetzt muß die SPD, die für den Antrag gestimmt hat, mit der FDP, die dagegen war, in einer Minderheitsregierung bis zum Ende der Legislaturperiode weiterregieren. Obgleich die Regierungsparteien schon in dieser wichtigen Frage verschiedener Meinung waren, behauptet SPD Fraktionschef Wolfgang Birthler: „Die Regierung ist voll arbeitsfähig.“

Zu Beginn der Parlamentssitzung wurde auch der CDU- Antrag, nach dem der Landtag Ministerpräsident Manfred Stolpe zum Rücktritt auffordern sollte, mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Ministerpräsident hält es sich jetzt „offen“, nach der Vorlage des Abschlußberichts des Stolpe-Untersuchungsausschusses die Vertrauensfrage zu stellen.

Vor den Abstimmungen kam es im Potsdamer Landtag zu einem heftigen Schlagabtausch. Die CDU nutzte die Gelegenheit zu einer Generalabrechnung über Stolpes Vergangenheit. Der Rücktritt des Ministerpräsidenten würde dem „demokratischen Selbstreinigungsprozeß Genüge leisten“, meinte CDU-Fraktionschef Helm.

SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler wies den Vorwurf, Brandenburg sei nicht mehr regierbar, energisch zurück. „Das einzig wirklich unsichere in diesem Land ist die CDU-Landtagsfraktion“, konterte Birthler.

Auf den Fluren des Potsdamer Landtages war gestern das Wort „Diätenabstimmung“ in aller Munde. Gemeint ist, daß die Abgeordneten, die keine Chance mehr haben nach den Wahlen in den Landtag zu ziehen, bei einer vorzeitigen Auflösung des Landtages auf drei Monatsdiäten verzichten müßten. Im Abgeordnetengesetz ist geregelt, daß die Parlamentarier eine Grunddiät von 5.740 Mark und eine Aufwandsentschädigung von knapp 2.000 Mark monatlich erhalten. Bei vorzeitiger oder regulärer Auflösung des Landtages wird für mindesten drei Monate ein Übergangsgeld in Höhe der Diät weitergezahlt.

Allein in der SPD-Fraktion fehlten drei Abgeordnete. Alle sind von der SPD nicht wieder aufgestellt worden. Anja Sprogies

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