Beratung selbst gemacht

■ Wenn das Vertrauensverhältnis zu den Professoren gestört ist, beraten sich Studenten lieber selbst / Finanzierung der studentischen Beratung ist unsicher

Einführungswoche am Fachbereich Germanistik, das heißt Großeinsatz für die studentische Studienberatung. Jeden Tag in dieser Woche sitzt Andrea Syring vor dem Büro der Fachschaftsinitiative, um Studienanfängern den Weg durch den Uni-Dschungel zu erläutern. Vorgestellt hat sie sich den Uni-Neulingen bereits in der obligatorischen Studienfachberatung der Germanistik. Da in einer solchen „Massentaufe“ viele Fragen offenbleiben, ist der Andrang an ihrem Info-Tisch entsprechend groß.

Erst seit einem Semester existiert dieses zusätzliche Beratungsangebot. „Nach einer gewissen Anlaufzeit haben sich meine Sprechzeiten inzwischen ganz gut rumgesprochen“, sagt Andrea Syring. Dreimal die Woche, jeweils für zwei Stunden, steht sie als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Studienanfänger mit allgemeinen Orientierungsproblemen kommen ebenso zu ihr wie Studenten im Hauptstudium, die große Probleme mit dem Abschluß haben. „Berufsfindung und Examen werden da lange verdrängt“, beschreibt sie die Ängste.

Eine weitere Problemgruppe sind Langzeitstudenten. „Für Leute, die nach längerer Zeit wieder zurück ins Studium wollen, fehlen adäquate Beratungsinstitutionen.“ Auch für sie ist die studentische Studienberatung erste Anlaufstelle.

Kein Vertrauen zu den Professoren

Als Konkurrenz zu den Sprechstunden der Professoren sieht Andrea Syring ihre Arbeit nicht, „denn ich kann keine fachliche Beratung geben“. In ihren Beratungsgesprächen stelle sie jedoch immer wieder fest, daß die Hemmschwelle gegenüber Professoren sehr groß sei. „Studenten bereiten solche Beratungsgespräche bei mir regelrecht vor“, erzählt sie. Oft fehle auch das Verständnis für die studentische Perspektive, denn die Professoren seien zu weit weg von den Problemen des Studienalltags. Zudem seien sie auch in Fragen der Studien- und Prüfungsordnung nicht immer sattelfest. „Studienberatungsseminare für Professoren hat leider noch keiner angeboten“, bedauert die Germanistikstudentin.

Obwohl studentische Studienberatungen seit 1989 im Berliner Hochschulgesetz vorgeschrieben sind, werden sie erst seit drei Semestern an den Fachbereichen der Freien Universität eingerichtet. Informationen über Räume und Sprechzeiten finden sich meistens an den Schwarzen Brettern der Fachschaftsinitiativen. „Immerhin haben sie sich inzwischen flächendeckend durchgesetzt“, berichtet Karin Gavin-Kramer von der Zentraleinrichtung Studienberatung. Man bemühe sich um einen engen Kontakt mit den StudentenvertreterInnen, um gegenseitig Informationen auszutauschen. Dazu gehöre zum Beispiel, daß studentische BeraterInnen in der Zentraleinrichtung hospitieren könnten, um „über den Tellerrand des eigenen Studiums einmal hinauszuschauen“.

Trotz der erfolgreichen Arbeit stehen die Studienberatungen bereits wieder auf der Kippe. Ihre Finanzierung erfolgt momentan noch durch das Hochschulsonderprogramm. Doch wenn dieses Ende des Jahres ausläuft, könnten sie als erstes wieder gestrichen werden. „Endlich sind die Beratungen einigermaßen ins Rollen gekommen, und schon bekommen wir die Schwierigkeiten mit dem Geld“, sagt Karin Gavin-Kramer.

An der TU Berlin haben studentische Studienberatungen dagegen eine längere Tradition. Bereits 1972 tauchten sie an den ersten Fachbereichen auf. Doch auch Tradition schützt nicht vor Streichungen. „Die Beratungen sind sehr gefährdet, der Fachbereich Maschinenbau zum Beispiel verfügt wegen Einsparungen momentan über keine Stelle“, beklagt die Studienberaterin des Fachbereichs Energie- und Verfahrenstechnik. Die Zukunft sieht also eher düster aus. Anstatt Studenten an den Massen-Unis informative Hilfe und konsequente Unterstützung mit wenig Aufwand zu bieten, werden auslaufende Verträge nicht verlängert. Hella Kloss