Bündnisgrüne erbost

■ Kritik an Niedersachsens SPD

Hannover (taz) – Mit allen üblen Folgen üben sich Gerhard Schröder und die niedersächsische SPD schon jetzt in der Alleinherrschaft“, klagte gestern die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Hoops ihren niedersächsischen Noch-Koalitionspartner an. Bis Ende Juni, bis zur konstituierenden Sitzung des im März neugewählten niedersächsischen Landtages wird Niedersachsen noch von einer rot-grünen Koalition regiert. Doch nach Auffassung der Landtagsgrünen nimmt die SPD schon vorzeitig „von allen ökologischen- und sozialen Reformkonzepten“ Abschied. Eine ganze Reihe Gesetzesvorhaben, die Rot-Grün noch gemeinsam durch den alten Landtag bringen wollte, würden nun verwässert oder gleich ganz fallengelassen.

In das Landesgleichberechtigungsgesetz, das derzeit von den Landtagsauschüssen beraten wird, wollen die Sozialdemokratinnen nun etwa eine sogenannte Sozialklausel einfügen, die zu Lasten der Einstellung von Frauen gehen soll.

„Bisher sah der Gesetzentwurf eindeutig vor, daß im Landesdienst und bei den öffentlich-rechtlichen Körperschaften bevorzugt Frauen einzustellen sind, wenn diese über die gleiche Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber verfügen“, sagte Hoops.

Nun sollten „bei besonderen sozialen Härten“ doch wieder Männer den Vorzug bekommen. Gerade weil Männer traditionellerweise Alleinverdiener seien, werde es dann in der Praxis viele Begründungen geben, um aus einem Mann einen Härtefall zu machen, kritisierte die Landtagsabgeordnete gestern den SPD-Vorstoß.

Nach Ansicht der Landtagsgrünen schwenkt die SPD aber auch auf den übrigen landespolitischen Feldern um. Da können etwa SPD- Landtagsabgeordnete eine mit den Grünen fest vereinbarte Novelle der Landesbauordnung aus fadenscheinigen Termingründen nicht mehr beraten. Damit entfällt eine ökologische Reform des Baurechts.

Der Grünen-Abgeordnete Erich von Hofe warf dem Landwirtschaftsministerium gestern vor, aus dem Agrarhaushalt sämtliche Mittel für Projekte des ökologischen Landbaus zu streichen, das Geld sollten nun von der Schweinepest betroffene Bauern erhalten. „Auch die Genehmigung zum Weiterbau des Endlagers Gorleben hätte es bei einem anderen Wahlausgang nicht gegeben“, sagte Hoops gestern. Für die Zukunft befürchtet Andrea Hoops, daß „Gerhard Schröder mit seiner Ein-Stimmen-Mehrheit die Probleme des Landes nur noch verwalten wird“. Die Grünen würden ab Juni als „Opposition von links“ den eigentlichen Wählerauftrag einklagen, die Fortsetzung einer an Machbarkeit orientierten Reformpolitik.

Auf die neue Oppsitionsrolle wollen sich die Niedersachsen- Grünen am kommenden Wochenende auf ihrem Landesparteitag in Wilhelmshaven vorbereiten. Dort werden auch die Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt. Um den ersten Platz der Landesliste konkurrieren Waltraud Schoppe und die Landesvorstandssprecherin Gila Altmann. Jürgen Voges