Schleckermaul: weiteressen!

■ Gesundheitsbehörde: In Bremen erhältliche Baby-Nahrung ist unbedenklich

Am Dienstag nach Ostern war die Lebensmittelüberwachungs-Polizei in Bremen voll im Einsatz. Alle 18 Lebensmittelkontrolleure durchkämmten die Ladenregale nach der Baby-Nahrung AS der Firma Schlecker. Am späten Nachmittag waren sämtliche Gläser, die durch zu hohe Rückstände des Pflanzenschutzmittels Lindan von sich reden gemacht hatten, aus dem Handel im Land Bremen verschwunden. Doch das allein genügte der Gesundheitsbehörde nicht. Sie erteilte der Staatlichen Chemischen Untersuchungsanstalt den Auftrag, weitere Baby-Fertignahrung auf Schadstoffe zu untersuchen. Die Ergebnisse stellte die Behörde gestern vor.

Grundsätzlich gibt die Behörde Entwarnung: Bei den untersuchten Proben wurden keine erhöhten Konzentrationen der bedenklichen Stoffe gefunden. 50 Babykost-Erzeugnisse von 10 im Land Bremen käuflichen Produkten wurden der Untersuchungsanstalt zugeschickt. Bei den Proben handelte es sich zum Teil um no-name Produkte wie „Die Weissen“, aber untersucht wurden auch Gläschen von den Firmen Alete, Demeter, Bioland und Granovita. Bei den Analysen stieß Hans Lohse von der Staatlich Chemischen Untersuchungsanstalt allerding auf zwei Proben, die im Höchstmengenbereich der Diätverordnung für Lindan lagen, aber unbedenklich waren. „Wir dürfen aus rechtlichen Gründen allerdings keine Namen nennen“, sagt Wolfgang Beyer, Pressesprecher der Gesundheitsbehörde.

Die zulässigen Höchstwerte der Diätverordnung (§ 14) seien allerdings so niedrig angesetzt, daß auch bei geringfügiger Überschreitung keine akute Gesundheitsgefahr der Babys bestünde, heißt es. „Diese Gesundheitsvorsorge erfolgt, weil man die Summe der Stoffe nicht wissenschaftlich auswerten kann“, erläutert Heidi Helmsmüller, Lebensmittelchemikerin der Gesundheitsbehörde.

Inzwischen habe auch die EG-Kommission in Brüssel diese Gesundheitsvorsorgewerte bestätigt, sagt Helmsmüller. Denn Schleckers AS-Nahrung kam aus Spanien. Nach der Rücknahme der Schleckerschen Kost hätte sich Spanien bei der EG mit dem Argument des Wettbewerbsnachteil beschwert. Auf den no-name-Produkten stehen in der Regel keine Herkunftsländer verzeichnet.

Daß man sozusagen einen niedrigen Höchstwert bei Pestizidrückstoffen festlegen muß, ist nach Meinung des Umweltmediziners Lothar Müller auch aus folgendem Grund wichtig: „Bei Lindan haben wir den Fall, daß es im Körper gespeichert wird.“ Alle (insektiziden) Organochlorverbindungen, zu deren Gruppe Lindan gehört, wirken in toxischer Dosis als Nervengift und greifen Leber und Nieren an.

Besorgte Eltern riefen in den letzten Wochen immer wieder bei den KinderärztInnen des Hauptgesundheitsamtes an. „Wir haben eher nicht dazu geraten, die Baby-Nahrung selbst zu kochen“, sagt eine dort tätige Ärztin. Denn im Gemüse seien häufig höhere Anteile an Pestizidrückständen enthalten, als in den Baby-Nahrungs-Produkten. Selbsthergestellte Baby-Nahrung von Obst und Gemüse aus Bio-Anbau ist unbedenklich, weil dort auf Pflanzenschutzmittel und synthetische Düngemittel verzichtet wird. Vivianne Agena