Brandanschlag auf Männerheim

Keiner der türkischen Männer wurde verletzt / Sechs Festnahmen in Bielefeld / Einer der Jugendlichen legte Teilgeständnis ab / Polizei vermutet rechtsradikalen Hintergrund  ■ Aus Bielefeld Bettina Markmeyer

In der Nacht zum Donnerstag haben Jugendliche in Bielefeld auf ein von Türken bewohntes Haus einen Brandanschlag verübt. Von den fünfzehn türkischen Männern, die dort wohnen, wurde keiner verletzt.

Einige von ihnen konnten sich selbst in Sicherheit bringen, die anderen rettete die Feuerwehr. Vier Stunden nach dem Anschlag nahm die Polizei sechs junge Männer im Alter zwischen vierzehn und sechzehn Jahren fest.

Einer der Jugendlichen war in der Nähe des Tatorts geblieben. Durch seine Aussagen konnten kurz darauf auch die fünf anderen verhaftet werden. Nach ersten Anhörungen erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft, die Jugendlichen seien von „rechtsradikalem Gedankengut beeinflußt“ und hätten „vor dem Hintergrund des Datums 20. April [Geburtstag Adolf Hitlers] gehandelt“.

Einer der Festgenommenen legte unterdessen ein Teilgeständnis ab. Nach Angaben der Bielefelder Polizei hatten sich die sechs und weitere Jugendliche vor der Tat zu einem „Saufgelage“ getroffen. Dort hätte man sich verabredet „Türken plattzumachen“. Einer der sechs Festgenommenen hätte dann gegen 21.30 Uhr einen Brandsatz – vermutlich eine mit Benzin gefüllte Flasche – gezielt in ein Fenster im ersten Stock des von den türkischen Arbeitern bewohnten Hauses geworfen. Das Zimmer und der Dachstuhl brannten völlig aus, obwohl die schnell herbeigerufene Feuerwehr den Brand innerhalb einer halben Stunde gelöscht hatte.

Das heruntergekommene Wohnhaus im Bielefelder Stadtteil Senne gehört einem Gießereibesitzer. Er vermietet die Zimmer einzeln an diejenigen seiner türkischen Arbeiter, die ohne ihre Familien hier leben. Die meisten arbeiten seit über fünfzehn Jahren in seiner Gießerei.

Die sechs Jugendlichen kommen aus Bielefeld und dem nahe gelegenen Steinhagen. Über Verbindungen zur Neonaziszene in den beiden Städten ist noch nichts bekannt, der Polizei sind sie bisher nicht als Rechtsradikale aufgefallen. Ihre schnelle Festnahme ist vor allem Zeugenaussagen zu verdanken. Ein Mann hatte die Jugendlichen in einem Waldstück gesehen und Verdacht geschöpft, als einer von ihnen beim Vorbeifahren das Licht an seinem Mofa ausmachte. Wenig später brannte das türkische Wohnhaus.

Für gestern nachmittag um 17 Uhr riefen die Bielefelder Grünen, das Internationale Begegnungszentrum der Stadt und andere Gruppen zu einer spontanen Protestkundgebung auf, auf der einer der betroffenen türkischen Arbeiter und die bündnisgrüne Kandidatin für den Bundestag, Annelie Buntenbach, sprachen. Buntenbach erklärte, daß gerade in Bielefeld viel unternommen worden wäre gegen Ausländerfeindlichkeit, gegen Neonazi-Treffpunkte und das in der Nachbarstadt Detmold befindliche Zentrum der verbotenen „Nationalen Front“.

Der Anschlag zeige jedoch, daß all dies nicht ausreiche, solange die Politik der Bundesregierung gegen Rechts „faktisch substanzlos“ bleibe und die Asyldebatte sowie die aufgeputschte Diskussion um die „Innere Sicherheit“ rechten Positionen ständig neue Nahrung liefere. Diese Politik bilde den Resonanzboden für solche Anschläge, deren Ende noch immer nicht abzusehen sei.