■ Tour d'Europe
: Festmonat Mai

Der Mai hatte es den Menschen, zumindest im westlichen Kulturkreis und auf der Nordhälfte der Erdkugel, schon immer angetan – und schon immer waren die darin liegenden Feste mit einer gewissen Explosivität angefüllt. Seit etwa 1200 ist in den verschiedenen Ländern Europas das Brauchtum geradezu überfüllt mit allerlei Feiern und Gedenktagen.

In Italien wurden seit Beginn des 13. Jahrhunderts Umzüge mit Blumenwagen abgehalten, und schon damals wurden die „Calendimaggio“ zu einer Art Fest für die unteren Klassen (das damals gerade entstehende Vorproletariat der Manufakturen). Seit 1244 ist in England die „Einführung des Frühlings“ bezeugt, die norddeutsche Hanse erfand ihren „Maigrafen“.

In vielen Gemeinden vor allem der Alpenländer entwickelte sich der Brauch des Zweige- und Bäumchenschmucks, woraus sich dann im 16. Jahrhundert in Franken die auf den 1. Mai festgelegte Aufstellung des Maibaumes entwickelte – ein Fest vor allem auf dem Lande, wo die starken Knechte auf meist eingeseifte hohe Pfähle kletterten und die am oben befestigten Kranz hängenden Geschenke herunterholten. Die Maibäume erhielten bald auch touristischen und mitunter amtlichen Charakter: sie zeigten das örtliche Wirtshaus an, manche davon aber auch den Sitz des Amtsgerichts, oder sie waren der Mittelpunkt einer rechtsgeschützten Zone (wo bestimmte Gesetze, wie etwas das des Laden- und Ausschankschlusses nicht galten).

Die Maifeiern, besonders aber der fürs Volk immer symbolträchtigere 1. Mai wurde so manchen Herrschern bald gefährlich – oft entwickelten sich Aufstände; zumindest aber wurde so manche Rechnung mit den Schergen des Landvogts oder des Bürgermeisters beglichen. In Florenz und anderen Gemeinden wurden die Feste zum „Calendimaggio“ jedenfalls vom 13. bis zum 15. Jahrhundert mehr als sechzigmal wegen der Gefahr von „sozialen Unruhen“ verboten.

Zum Arbeiter-Feiertag wurde der 1. Mai Ende des vorigen Jahrhunderts. 1890 wurden an diesem Tag gleichzeitig in Deutschland, Italien, Österreich-Ungarn, Spanien und den Vereinigten Staaten Massendemonstrationen beziehungsweise Generalstreiks durchgeführt, was in den Folgejahren dann zum Nachgeben der Behörden führte, so daß der Tag in vielen Ländern zum gesetzlichen Feiertag wurde. 1924 polten ihn die italienischen Faschisten, 1933 die Nazis zum Massenaufmarschtag ihrer Kohorten um. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 1. Mai in nahezu allen westlichen Staaten unter Organisation der Gewerkschaften zelebriert.

Im Osten blieb er oder wurde er nach der Einführung sozialistischer Regime zum Aufmarschtag der „Werktätigen“ mit ihren verschiedenen auch paramilitärischen Abteilungen.W.R.