Rep-Wahlhilfe von harten Neonazis

Bremer „Aktionsbündnis“ publiziert Wahlaufruf / Szene berät zukünftige Strategie: Kader oder Organisationen / Rechtsextreme Parteien besuchen die schlagende Basis  ■ Von B. Siegler und J. Grabler

Die rechtsextreme Szene ergeht sich derzeit in einer Strategiedebatte. Während die einen den sogenannten „nationalen Parteien“ eine klare Absage erteilen, plädiert ein nicht kleiner Teil für eine Unterstützung der „Republikaner“. In Bremen ruft die „radikale nationale Opposition“ unverhohlen zur Wahl der Schönhuber-Partei bei den Bundestagswahlen auf. Kopf des „Aktionsbündnisses Republikaner in den Bundestag“ ist Markus Privenau, Führer der Bremer Neonazi-Szene.

Privenau, Mitbegründer der Bremer „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) fungiert als Schriftführer des Blattes der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG), einer der größten rechtsextremen Organisationen in der Bundesrepublik, wie der Verfassungsschutz meint. Von einem Einzug der „Republikaner“ in den Bundestag versprechen sie sich, auch noch den „einen oder anderen Rechtsabweichler“ ins Parlament zu bringen. „Nur ein einziger (autonomer) ultra-radikal-nationalistischer Abgeordneter wäre für die ,Nationale Opposition‘ ein ähnlicher Vorteil wie der zu den Reps übergewechselte CDU-Abgeordnete Dr. Krause“, heißt es im Bremer Aufruf.

Kern der Argumentation des „Aktionsbündnisses“ ist jedoch, daß mit dem Erfolg der Reps auf der rechten Seite des politischen Spektrums ein neuer Freiraum entstehen könnte. Die CDU könnte dort „nicht mehr ... auf Stimmenfang gehen und gleichzeitig die ,bürgerliche Mitte‘ halten“. Um den Traum von einer „Volksfront von rechts“ langfristig wahr werden zu lassen, sollten erst einmal „alle Bedenken“ gegen Politik und Personal der Reps „zurückstehen“. Während Rep-Chef Franz Schönhuber keine Gelegenheit ausläßt, sich lautstark von militanten Rechtsextremisten abzugrenzen, probierten Bremer Neonazis ihre Unterstützung für die Reps bereits praktisch aus. Mitglieder der „Nationalen Bürgerinitiative“, einer Nachfolgeorganisation der verbotenen „Nationalistischen Front“, halfen im niedersächsischen Landtagswahlkampf, Rep- Flugblätter in die Briefkästen von Haushalten zu stecken. Desgleichen klebten Anhänger der verbotenen „Deutschen Alternative“ im brandenburgischen Cottbus Plakate der NPD. Führende Köpfe beider Gruppierungen trafen sich ebenfalls zu Sondierungsgesprächen.

Mit seinem aktuellem Aufruf führt Privenau jedoch nur aus, was der Kopf der deutschen Neonazi- Szene, der Hamburger Christian Worch, bereits vorgedacht hatte. Worch hatte bei einem „norddeutschen Kameradschaftstreffen“ vor gut drei Wochen in Bremerhaven die Linie ausgegeben, daß jetzt die Reps unterstützt werden sollten. „Der Aufruf liegt ganz auf der Linie dessen, was in diesen Kreisen diskutiert wird“, bestätigt auch Lothar Jachmann, stellvertretender Chef des Bremer Verfassungsschutzes, gegenüber der taz. Jachmann jedoch verschweigt, daß die Positionen von Worch, Privenau und deren „Kameraden“ in der Szene nicht unumstritten sind. „Gegenwärtig dienen nationale Abgeordnete einzig und allein der Stabilisierung des bestehenden politischen Systems ... Und sind Beruhigungspillen für das Wahlvolk“, heißt es in der Januar-Ausgabe 1994 der Zeitschrift Nation + Europa. Das in Coburg in einer Auflage von 15.000 Exemplaren erscheinende Magazin ist das wohl bedeutendste ideenpolitische Organ des bundesdeutschen Rechtsextremismus. Autor Jürgen Riehl, ein Pseudonym, hinter dem Insider den Hamburger Neonazi-Rechtsanwalt Jürgen Rieger vermuten, rechnet darin mit den Reps, der NPD, der „Deutschen Volksunion“ und der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ ab. Diese zeigten ein „jämmerliches“ und „blamables Bild“. Riehl fordert statt dessen seine Mitstreiter zu einer „inneren Verdichtung“ auf. Dabei denkt er besonders an „eine Organisationsform mit strenger, verbindlicher Organisierung nach innen, jedoch ohne formale von außen her nachvollziehbare Strukturen“. Solche Tendenzen von Kaderstrukturen leugnen die Verfassungsschutzbehörden jedoch seit Jahren.