■ Press-Schlag
: Wundersamer Volleyball

Der Sieg allein war dem Triumphator nicht genug. Eine „neue Qualität“ mochte Trainer Gerhard Fidelak entdeckt haben in dem Spiel seiner Volleyballerinnen vom Schweriner SC. „Tief den Hut ziehen“ müsse er vor seinem Team, brabbelte der Coach in alle Mikrophone. Denn sehet, es war Großartiges geschehen. Sein Team habe, erzählte Fidelak, jenen gemeinen Fluch abgeschüttelt, durch den es zuletzt so oft gescheitert war, wenn es um etwas Bedeutsames ging. Ja, und plötzlich war die Welt ein Volleyball, mutierte der Sieg der Schwerinerinnen endgültig zum epochalen Ereignis, weil Fidelak, beseelt vom Glück der frohen Stunde, redete, als spreche er zur Lage der Nation: „Wir spielen für die Stadt Schwerin und das Land Mecklenburg- Vorpommern.“ Und der Sieg seines Teams, er sollte den Menschen daheim ein Zeichen sein: „Kopf hoch und die kommenden Aufgaben anpacken.“

Nun gut, es ist wohl doch ein bißchen übertrieben anzunehmen, daß die Kunde vom 3:1 (15:6, 11:15, 15:13, 16:14)-Erfolg der Volleyballerinnen des Schweriner SC im zweiten Play- off-Finalspiel um die Deutsche Meisterschaft beim CJD Berlin die Werktätigen einer ganzen Region zu neuer Tatkraft motivieren könnte. Gleichwohl ist es auch verständlich, daß Fidelak kaum mehr an sich halten mochte: „Wenn man zehn Jahre lang hintereinander hier nicht mehr gewonnen hat, dann kriegt man irgendwann einen Rucksack.“ Abgeschüttelt ist nun die fiese Last. Und groß mithin die Chance, doch noch Meister zu werden, da es nun 1:1 steht im finalen Vergleich, der nach dem Modus best of five ausgetragen wird.

Dumm nur, daß die Berlinerinnen den Vorteil haben, die beiden letzten Spiele in eigener Halle austragen zu dürfen. Was nach dem 1:3 bei manch einem schon den Verdacht schürte, die Frauen vom CJD hätten mit Absicht verloren, weil man die Titelfeierlichkeiten ja doch lieber in heimischen Gefilden begeht. Quatsch, sagt Nationalspielerin Gerti Naumann zu alledem, „wir wußten, daß das ein harter Schlagabtausch wird“. Jawohl, völlig klar sei gewesen, daß der Finalakt „ganz, ganz knapp“ ausgehen werde, meint auch Berlins Vorturner Volker Spiegel.

Um sogleich zu zürnen über die Nachlässigkeiten seines Ensembles. So sei der Arbeit am Block nicht hinreichend nachgegangen worden, was den großgewachsenen Schwerinerinnen sehr zupaß kam. Bisweilen ohne Gegenwehr durften sie das Sportgerät in des Gegners Feld schmettern. Als die Unstimmigkeiten am Berliner Netzwall bereinigt schienen, war es zu spät. Spiegel: „Die haben unsere Fehler eiskalt ausgenutzt.“

Heftig erschüttert haben die Einschläge, so scheint es, auch das Selbstbewußtsein der Berlinerinnen. „Wir sind absolut kein Favorit“, befand Naumann nach der Pleite kleinlaut. Schau an, wankt die Volleyballmacht aus Berlin? Gemach, sagt Spiegel noch ungerührt, „wir sind ja heute nicht abgegangen“. Fortsetzung folgt.

Gerhard Pfeil