„Nicht nötig, so kleinlich zu sein“

■ Auch Schulleiter wollen gegen Bildungsabbau demonstrieren Von Kaija Kutter

Etwas Gutes habe die Überalterung der Lehrerkollegien, sagte gestern Hamburgs GEW-Chef Hans-Peter de Lorent. Die Gruppe könne auf gemeinsame politische Erfahrung zurückgreifen, lasse sich von Disziplinarmaßnahmen und Gehaltskürzungen nicht schrecken. Und einen Verweis in die Akte sei es vielen Lehrern schon wert, wenn es gilt, die Einsparung von 1230 Lehrerstellen bis zum Ende der Legislaturperiode zu verhindern.

Zwar gab der Senat vorige Woche bekannt, daß im Schulbereich 1995 keine Stellen abgebaut werden sollen. Doch im Unterschied zu allen übrigen Ressorts wurde die weitere Entwicklung bis 1997 offengelassen. Zu befürchten, so de Lorent, sei nun, daß zusätzlich noch 200 Stellen gestrichen werden.

Kämpferisch zeigten sich bei der gestrigen GEW-Pressekonferenz auch vier Hamburger Schulleiter. Wer, wie die Schulsenatorin, die für morgen geplante Demonstration nur als „feindlichen Akt“ erlebe, der verkenne die aufrichtige Motivation von Eltern und Lehrern, sagte der Leiter der Gesamtschule Winterhude, Aart Pabst. Durch Zwangsgeld werde die Sache hochgepuscht, „es wäre nicht nötig, so kleinlich zu reagieren“.

Die Schulleiter, die auch an einem von 457 Hamburger Rektoren unterzeichneten Anti-Spar-Appel beteiligt sind, erläuterten die Schwierigkeit mit der Hamburger Bildungspolitik an Hand ihrer eignen Schulen: „Bei uns wurde in 12 Jahren kein einziger neuer Lehrer eingestellt“, erklärte Hans Hämker vom Carl von Ossietzky-Gymnasium. Im Gegenteil, trotz steigender Schülerzahlen führten immer neue Sparmaßnahmen, wie die Streichung der Frequenzsenkung für Gymnasien oder der Poolstunden für besonders belastete Lehrer dazu, daß Kollegen rein rechnerisch überflüssig sind und von der Schule abgezogen werden.

„Besonders mies“ sei die Stimmung an den Förderschulen, erklärte Schulleiterin Irmgard Brandt. Eine Verlängerung der Schulstunden von 40 auf 45 Minuten habe bereits im vorigen Jahr zu einer Wochenarbeitszeitverlängerung von zweieinhalb Stunden geführt. Die 1994 verfügte Streichung der Poolstunden bedeute zudem, daß ein Drittel der freiwerdenden Stellen im Förderschulbereich nicht neu besetzt werden.

Wie eine Ohrfeige hätten die Worte der Schulsenatorin Raab gewirkt, die beruflichen Schulen seien ein „ineffektiver Reparaturbetrieb“, sagte Klaus Lehmitz. Das darauf folgende Sparpapier von Oberschulrat Doose sei ohne Absprache mit den Betroffenen erfolgt und bedeute in seiner Konsequenz, daß lernschwache Schüler keine Chance mehr erhalten, ins Berufsleben integriert zu werden.

Zu den personellen Verschlechterungen kommen räumliche hinzu. So sieht das Anfang März bekanntgewordene neue Musterraumprogramm für Hamburgs Schulen vor, ein Drittel der 30.000 zusätzlichen Schüler in vorhandenen Räumen unterzubringen. „Die Politik überspannt den Bogen dessen, was man Lehrern zumuten kann“, schlußfolgert Aart Pabst. Wenn die Schulleiter morgen notgedrungen die Kollegen melden, die sich trotz des behördlich verfügten Verbots an der Demo beteiligen, seien gewiß auch viele Selbstbezichtigungen dabei. Die Schulleiter würden aber auch dafür sorgen, daß verbleibende Schüler unterrichtet werden.