„Blöder Butterpilz“ abgeräumt

■ Polizeieinsatz gegen Oldenburger Wagenburg / Ratsherr abgeführt

Die Oldenburger Wagenburg, genannt „Blöder Butterpilz“, ist gestern früh geräumt worden. Die Polizei rückte mit 90 Beamten und einigen Hunden an. Eine von der Stadt beauftragte Abschleppfirma machte sich an Wagen und Treckern zu schaffen. Die WagenburglerInnen wurden derweil „in polizeilichen Gewahrsam genommen“. Im Nebenschauplatz wurde der Ratsherr Reinhold Kühnrich, Linke Liste, auf seinem Weg zur Wagenburg von der Polizei aufgehalten und in Handschellen abgeführt. „Es war eine eindeutig aggressive Stimmung“, sagt Kühnrich.

Um 7.00 Uhr morgens fing die Aktion vor dem derzeitigen Standort der Wagenburg in Sieben Bösen, Drielake, an. Weil die acht WagenburglerInnen „aus zuverlässiger Quelle“ von dem Einsatz erfahren hatten, begegneten sie der Polizei in „aller Friedlichkeit“ mit insgesamt 70 Personen. Eine Hälfte der Anwesenden hatte sich vor die selbstgebaute Barrikade – „sah aus wie ein Osterfeuer“ – niedergelassen, die andere Hälfte versammelte sich auf dem Grundstück, schildert Wagenburgbewohnerin Eve Hase. Beim Wegtragen der Sitzenden wurde eine Frau durch einen gewaltsamen Griff eines Polzisten im Gesicht verletzt. Ein Mann trug eine Verletzung am Fuß davon, berichtet Hase. Nach einer „längeren Spazierfahrt“, wie der Polizeipressesprecher mitteilt, sind alle WagenburglerInnen außerhalb der Stadt wieder freigelassen worden.

Die Anwesenden, die sich direkt neben den Wagen aufhielten, wurden laut Polizeieinsatzleiter Günther Eutin „von dem Gelände abgedrängt“. Nach Angaben der WagenburglerInnen hätten sie über eine Stunde dicht gedrängt im Kessel gestanden. Alle sieben Wagen und die vier Trecker wurden auf ein eingezäuntes städtisches Grundstück in der Hollerlandstraße geschleppt. In einer früheren Verfügung ist den WagenburglerInnen bereits von der Stadt mitgeteilt worden, daß sie ihre Wagen „gegen 400 Mark auslösen“ können.

Der Räumung vorangegangen war ein eineinhalb Jahre andauernder Kampf der WagenburglerInnen um einen legalen Standort. Zuletzt hatte ihnen das Studentenwerk auf einem Parkplatz der Uni Asyl gewährt. Als der Parkplatz zu Semesterbeginn wieder gebraucht wurde, zogen die „Wagemutigen“, wie sie von der Stadtverwaltung stets genannt werden, auf das Privatgrundstück in Sieben Bösen. Hier wollten sie ihre Baugenehmigung für ein vom Studentenwerk der Uni vorgeschlagenes Gelände im Artillerieweg abwarten.

Die Stadtverwaltung hatte in dem Konfikt nur eine einzige Lösung in der Tasche: ein Grundstück am Tierheim. „Dann lassen die uns da draußen versauern“, war die Befürchtung der „Wagemutigen“. Sie lehnten ab. „Wir haben das Gefühl, daß die Bevölkerung die Wagemutigen leid ist“, sagt Jürgen Krugmann, Pressesprecher der Stadtverwaltung Oldenburg. Doch er beteuert, daß die Auseinandersetzung kein weltanschauliches Problem sei, sondern, daß man „baurechtlich nicht das Gesetz brechen wollte“. Vivianne Agena