■ Press-Schlag
: Fiskus pfändet Fußballstadion

Jorge Nuno Pinto da Costa könnte hochzufrieden sein. Der FC Porto spielt im internationalen Fußball mal wieder ganz vorne mit. Die Mannschaft steht im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister, wo sie heute im Nou-Camp-Stadion auf den FC Barcelona trifft. Doch Pinto da Costa hat Sorgen. Der Präsident des FC Porto weiß nicht, wie der Verein seine Steuerschulden begleichen soll. 50 Millionen Mark insgesamt. Und weil Porto bisher nicht bezahlt hat, ließ das Finanzamt kurzerhand das Vereinsstadion pfänden. Die Sache ist einfach: Wer keine Steuern zahlt, von dem holt sich der Staat das Geld auf dem Wege der Pfändung. Das kann jedem Unternehmen passieren. Auch einem Fußballverein.

Doch der populistische Pinto da Costa sieht die Pfändung des Stadions nicht bloß als steuerliche Angelegenheit. Für ihn ist dies vielmehr ein Beispiel für die traditionelle Auseinandersetzung zwischen dem Norden Portugals mit Porto als Zentrum und dem Süden einschließlich der Hauptstadt Lissabon. Dort sitzt auch Finanzminister Eduardo Catroga. Und in einer außerordentlichen, stürmisch verlaufenen Mitgliederversammlung des FC Porto griff Pinto da Costa den Minister scharf an. Er sei es schließlich, der die Steuerpolitik bestimme. Daß das Finanzamt, das die Pfändung des Stadions veranlaßt hat, nirgendwo anders sitzt als in Porto, ficht den Vereinspräsidenten nicht an.

Porto ist nicht der einzige Verein mit Steuerschulden. Die Direktion der portugiesischen Fußball-Liga hat deshalb inzwischen Gespräche mit dem Finanzministerium aufgenommen, um für die säumigen Vereine einen akzeptablen Ausweg zu finden. Bisher allerdings ohne Ergebnis. Nach dem ersten Treffen mit Finanzstaatssekretär Vasco Valdes sagte Liga- Präsident Valentim Loureiro bloß lakonisch: „Entweder der Staat findet eine Lösung, die den Vereinen entgegenkommt, oder er muß sie alle pfänden und dann in eigener Regie für den Profi-Sport sorgen.“

In seiner Auseinandersetzung mit Finanzminister Catroga macht sich Pinto da Costa alte Ressentiments gegen die Hauptstadt Lissabon zunutze. Dort fallen im Zentralstaat Portugal alle wesentlichen Entscheidungen. „Portugal ist Lissabon. Der Rest ist bloß Landschaft“, heißt deshalb ein geflügeltes Wort. Dabei konzentriert sich in der Region Porto ein großer Teil der wirtschaftlichen Kraft des Landes. Und die Leute von Porto meinen, daß sich dies auch in mehr politischer Mitbestimmung ausdrücken müßte. „Mein Kampf mit dem Finanzminister ist ein Kampf zur Verteidigung Portos“, gibt sich Pinto da Costa bodenständig.

Das Gerangel um die Steuerschulden hat er geschickt genutzt, um eine alte Idee wieder neu aufzulegen: die Gründung einer Partei des Nordens. Bereits im Sommer vergangenen Jahres nannte Pinto da Costa die Existenz einer solchen Partei „unverzichtbar“. Er wäre der erste, der dabei mitmachen würde. Nach dem Erfolg seines Amtskollegen vom AC Mailand, Silvio Berlusconi, mit der „Forza Italia“ ist ihm eine Partei des Nordens nun aber zuwenig. Anstatt „Força Norte“ solle sie vielmehr „Força Portugal“ heißen, meint Portos Präsident. „Ich bin nicht mehr für die Gründung einer nördlichen Regionalpartei. Was wir brauchen, ist eine Partei, die für alle Regionen des Landes eintritt, vom Norden bis zur Algarve.“

Nach zwölf Jahren an der Spitze des FC Porto spielt Pinto da Costa mit dem Gedanken, im Mai sein Amt aufzugeben. „Dann bin ich frei für andere Dinge“, sagt er. Frei für die Politik. Und gleichsam im Vorgriff darauf geht er nicht nur den Finanzminister hart an. Auch Regierungschef Anibal Cavaco Silvas wird nicht geschont. Der in Portugal als pragmatischer Technokrat geltende Cavaco Silva sei „mehr ein Computer als ein menschliches Wesen“, schimpft Pinto da Costa. „Und Computer haben kein Herz.“

Berlusconi dagegen sei sein Freund. „Er hat mir sogar einen Füller geschenkt mit der Aufschrift ,Forza Italia‘.“ An den Erfolg des mediengewandten Mailänder könnte der Portugiese anknüpfen. Nach einer von der Wochenzeitung Independente veröffentlichen Umfrage könnte eine von Pinto da Costa geführte „Força Portugal“ in Porto mit 27 Prozent der Wählerstimmen rechnen. Portugals Liga-Präsident Loureiro mischt indessen schon längst in der Politik mit. Bei den Kommunalwahlen im Dezember kandidierte er für die Regierungspartei Partido Social Democrata (PSD) im Städtchen Gondomar und wurde dort zum Bürgermeister gewählt. Theo Pischke