Mutmaßlicher Brandstifter von Rep-Oberen gedeckt

■ Rep-Führung versuchte monatelang, die Beteiligung eines Bezirksvorstands- mitglieds am Überfall auf ein Flüchtlingsheim in Bergheim-Zieverich zu vertuschen

Der Zeuge redet inzwischen mit niemandem mehr. Nach mehrfachen anonymen Drohungen schweigt er – aus Angst um sich und seine Familie. Der Psychoterror dient offenbar dem Ziel, die Aufklärung eines Überfalls auf ein Flüchtlingsheim in Bergheim-Zieverich zu verhindern. 20 bis 30 Personen hatten das Asylbewerberheim im September 1991 überfallen, die Fensterscheiben zertrümmert und die Bewohner angegriffen. Die Täter wurden nie gefaßt.

Gut zwei Jahre später, am 2.12. 1993, diskutierte der geschäftsführende Bezirksvorstand Mittelrhein der Reps über die Hintergründe der Tat. In dem Sitzungsprotokoll ist davon die Rede, ein Parteimitglied – der inzwischen so verängstigte Zeuge – habe in einer eidesstattlichen Versicherung erklärt, daß Alexander W., Beisitzer im Bezirksvorstand, sich ihm gegenüber damit gebrüstet habe, „der Auftraggeber dieser Angelegenheit gewesen“ zu sein. Um die flüchtenden Täter vor der polizeilichen Ringfahndung zu schützen, habe ein weiteres Parteimitglied seinen Kellerraum als Unterschlupf zur Verfügung gestellt.

In der Folgezeit erging es den parteiinternen „Aufklärern“ schlecht. Zunächst, so schreibt der bedrohte Zeuge in einer Aktennotiz vom 15.3. 1994, fand ein Gespräch mit mehreren Rep-Kreisvorsitzenden statt: „Grund dieses Treffens war, daß ich von den Anwesenden gezwungen worden bin, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach meine vorher abgefaßten eidesstattlichen Versicherungen ... nicht richtig wären. Argumentativ trug man mir vor, daß man ansonsten einen nicht unerheblichen Schaden für den Landesverband befürchten würde (Verbot der Partei durch den Landesinnenminister).“ Um Schaden von der Partei abzuwenden und weil „ich zum damaligen Zeitpunkt davon ausging, daß es sich um eine Einzelaktion handelte und der Landesvorstand dagegen einschreiten würde“, zog der Zeuge seine zuvor gemachten Aussagen wider besseres Wissen zurück. In der Aktennotiz vom März weist er ausdrücklich darauf hin, daß er dem NRW-Landesvorsitzenden der Reps, Uwe Goller, „mündlich persönlich“ erklärt habe, „daß meine eidesstattlichen Versicherungen inhaltlich richtig sind...“ Goller bestreitet das.

Schönhuber will von all dem nichts erfahren haben

Am 12.12. 1993 meldete sich Goller, der im Hauptberuf als Oberfeldwebel in der Bundeswehr die Demokratie verteidigt, bei der kommissarischen Bezirksvorsitzenden E. Scherer telefonisch zu Wort. Dabei habe Goller sie gebeten, so steht es in einem 16seitigen Bericht des Bundesschiedsgerichts der Reps, „zu verhindern“, daß die „Angelegenheit“ im Protokoll erscheine. Als am nächsten Tag der Vorstand erneut zusammentraf, lehnte er dieses Ansinnen ab.

Auf einer Pressekonferenz behauptete Franz Schönhuber am Montag, er habe von der mutmaßlichen Beteiligung von Rep-Mitgliedern an dem ausländerfeindlichen Überfall erst am vergangenen Freitag erfahren. Diese Version bestreitet der damalige Parteisekretär des Bezirksverbandes, Dieter L. Amrein, vehement. Amrein führte bei der entscheidenden Sitzung am 2.12. 1993 das Protokoll. Schon drei Tage später sei Schönhuber das Protokoll während einer Präsidiumssitzung in Hannover in einem Briefumschlag „persönlich“ übergeben worden. Ein paar Tage später, am 16.12. 1993, erklärten Amrein und ein weiteres Mitglied schriftlich ihren Austritt aus der Partei. Dieser Austrittsbrief ging zusammen mit dem Protokoll vom 2.12. 1993 sowohl an das Bundesschiedsgericht der Reps wie auch an den Bundesvorsitzenden Schönhuber. Schönhuber will diesen Brief ebensowenig empfangen haben wie ein Schreiben des Parteimitglieds Prof. Claus J. vom 22.3. 1994. Darin wird der Parteiausschluß von Goller und weiteren Landesvorstandsmitgliedern gefordert. Der NRW-Landesvorstand habe von den „Machenschaften“ von Anfang an gewußt, aber „bis heute nichts dagegen unternommen“. In dem Brief schreibt Claus J. weiter, er habe schon eine Woche zuvor mit Ursula Saniewski, der persönlichen Referentin des Rep-Chefs, über den brisanten Vorgang telefoniert. Daß von all dem nichts an das Ohr des großen Vorsitzenden gedrungen sein soll, mag glauben wer will.

Der Postweg von NRW nach München hat auf jeden Fall funktioniert. Der Vorsitzende des in München ansässigen Bundesschiedsgerichts, Johann Mühlberger, im Hauptberuf Richter am Landgericht München, räumte gegenüber der taz freimütig ein, schon „Mitte Dezember“ von dem Fall erfahren zu haben. Einen Grund, die Polizei von dem schweren Verdacht zu informieren, sah Mühlberger monatelang nicht. Erst am 8.4., zwei Tage nachdem die Regionalpresse über den Fall berichtet hatte, erstattete der Richter Strafzeige gegen Unbekannt. Nun spricht auch der oberste Schiedsrichter der Reps vom „dringenden Tatverdacht“.

Inzwischen hat der nordrhein- westfälische Landesvorstand unter Leitung von Goller mit parteiinternen „Ordungsmaßnahmen“ auf die Vorgänge reagiert – gegen die Kritiker. So wurde am 11.3. 1994 ein Verfahren gegen die kommissarische Bezirksvorsitzende eingeleitet, weil der Vorstand unter ihrer Führung das fragliche Protokoll genehmigt habe. Der besondere Einsatz von Goller für den Hauptbeschuldigten Alexander W. kommt nicht von ungefähr. In einem Brief vom 18.8. 1993 hatte Goller einen Vorstandskollegen offiziell beauftragt, eine „aktive Gruppe“ aus „mutigen“ Parteimitgliedern aufzubauen, „die eine Auseinandersetzung nötigenfalls nicht scheuen“. Für die schlagkräftige Truppe, so schrieb Goller, habe Alexander W. „sicher Leute parat“. Walter Jakobs