■ Das Portrait
: Mathias Döpfner

Etwas komisch, das. Einen zwei Meter großen Mann zu fragen, ob er noch in seine Rolle hineinwachsen muß. Aber Mathias Döpfner, der neue Chefredakteur der Berliner Wochenzeitung Wochenpost, ist eben erst 31 Jahre alt und für den Karrieresprung ungewöhnlich jung. Sicherlich dürften da diese Körpergröße, die tiefe Stimme und sein konservatives Outfit hilfreich gewesen sein. Entscheidend aber war die Tatsache, daß Döpfner vorher als Assistent des Vorstandschefs von Gruner + Jahr, Gerd Schulte-Hillen, gearbeitet hat. Direkt aus dem Machtzentrum des Verlages kommend, der sich nach dem Mauerfall das Ostblatt Wochenpost zulegte, hat Döpfner den 20 Jahre älteren Mathias Greffrath verdrängt.

Statt eines bärtigen Alt- 68ers jetzt ein großer Blonder, der früher Kulturkorrespondent des FAZ-Feuilletons war und aus der Wochenpost „das Blatt für die 2000er“ machen will. Döpfner will weg vom „Hardcover auf Zeitungspapier“. Die Wochenpost solle „aktueller, unberechenbarer und polemischer“ werden. Nicht mehr „Tertiärmedium sein, das Journalisten lesen“.

Bedeutet das nun die Rechtswende, die die Süddeutsche bei der Wochenpost kommen sieht? Oder setzt Schulte-Hillen, der sein Hobbypflänzchen nun zum dritten Mal vor der Abwicklung rettete, bloß auf einen studierten Musikwissenschaftler, der den „larmoyanten Unterton“ austreiben will? „Ich bin nicht gekommen, um 68er-Themen rauszuboxen“, sagt Döpfner. Gleichzeitig macht er klar, daß für ihn „die Kategorien links und rechts wenig relevant“ seien. Das übliche wohlfeile Bekenntnis, heutzutage von triGroßer Blonder von der FAZFoto: taz

umphierenden Konservativen ebenso gern abgelegt wie von eingeknickten Sozialisten. Nur einmal blitzt kurz auf, was an dieser klassischen Liberalität nicht langweilig sein könnte: Döpfner betont, daß die Wochenpost „die einzige gesamtdeutsche Wochenzeitung“ sei. Sie habe allerdings „keinen volksverbessernden Integrationsauftrag“. Ob Döpfners Konzept weg von Ost-Befindlichkeit und Gartenlaube aufgehen kann? Nirgendwo steht die Mauer noch so fest wie auf dem Pressemarkt: Bislang jedenfalls werden von der 100.000er Auflage der Wochenpost höchstens 20 Prozent im Westen verkauft. Auch „historische Probleme mit der Altersstruktur der Leser“ muß der neue Chefredakteur einräumen. Viele, zu viele Rentner lesen das Blatt, das mit diesen zu sterben droht. Hans-H. Kotte