Unpolitische Rechte?

■ Angela Merkel über die Jugendszene

Bonn (taz) – Während sich in Leipzig linke und rechte Jugendliche Straßenschlachten liefern, konstatiert Bundesjugendministerin Angela Merkel (CDU) eine „Entpolitisierung“ der Jugendszene. Statt sich mit politischen Positionen zu identifizieren, hätten sich unpolitische „Streetgangs“ gebildet. Vorbei sei die Zeit jugendlicher Polarisierung, sagte die Ministerin. Jetzt seien unterschiedliche Stile der Jugendkultur an der ostdeutschen Tagesordnung.

Der zweite Zwischenbericht zum „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ inspirierte Merkel zu dieser Fehleinschätzung. Gestern zog sie in Bonn Bilanz. Das AGAG-Programm, jährlich mit 20 Millionen Mark vom Bund finanziert, erreicht 123 Jugendklubs in 30 ostdeutschen Städten. Über 400 MitarbeiterInnen – zum größten Teil aus AB- Mitteln finanziert – versuchen sich den Jugendlichen in sozialpädagogischer Absicht zu nähern. In etwa 40 der Klubs verkehren sogenannte „harte Rechtsradikale“. Bei ihnen bemerkte die Bundesjugendministerin eine „deutliche politische Orientierung“. Einige Projekte mit Rechtsradikalen wurden deswegen im vergangenen Jahr aufgegeben.

Mehr als 8.400 Jugendliche wurden im Herbst 1991 im Rahmen des Antigewalt-Programms betreut. Es sei eine Besonderheit, daß diese Art der Jugendarbeit nicht vorbeugend sei. Es würden Jugendliche betreut, die „am Rande der Gesellschaft stehen“. Die MitarbeiterInnen gehen als Streetworker auf die Jugendlichen zu. „Ideologische Vorurteile dürfen dabei keine Rolle spielen“, sagte Merkel. Die SPD kritisierte das AGAG-Programm. Statt einer vorbeugenden Jugendarbeit sei es nur ein „hilfloses Reagieren auf soziale Eklats“, sagt Edith Niehuis, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Frauen und Jugend. Myriam Schönecker/roga