Bei Muttermilch gehts mehr ins Gelbliche

■ Kinderkacke in Baumwollwindeln oder lieber in Wegwerfplastik? / Ist Jacke wie Hose

Was sich in trüben Wintertagen unter den umhergeschobenen kleinen Kleiderhaufen verborgen hatte, kommt nun zum Vorschein: Wickelkinder. Im Sommer werden bei den Babys alle Hüllen fallen, bis auf die Eine: Die Windel. Manche strampeln in Wegwerfwindeln, andere wiederum pinkeln in Baumwolle. Der Streit, welche Windel umweltverträglicher ist, entflammt immer wieder. Wer in Bremen lebt hat die freie Wahl zwischen einem Windel-Service oder den Wegwerfwindeln aus dem Supermarkt.

Ein neugeborenes Kind verbraucht etwa 50 Windeln pro Woche. Bei den Wegwerfwindeln ist damit die bislang übliche Bremer 30-Liter-Mülltonne voll. Bald stehen überall die größeren 60-Liter-Tonnen vor der Haustür mitsamt ihrem Sparanreiz: Wer weniger oft abholen läßt, spart Bares. „Aber Windeln würde ich nicht unbedingt 14 Tage stehen lassen“, sagt Windel-Experte Stefan Weidler.

Manche Eltern mußten sogar höhere Müllgebühren zahlen. Weidler weiß von einem Fall, wo ein Vermieter in Wilhelmshaven den frischgebackenen Eltern die Müllgebühr um 20 Mark im Monat erhöhen wollte. Zur Vermeidung weiterer Müllberge möchte der „Windel-Express“ beitragen. Dort werden Baumwollwindeln mitsamt Windelhöschen im Wäscheservice ausgeliehen. Einmal pro Woche werden die verschmutzten Windeln abgeholt, und neue gebracht. Der Lieferservice erstreckt sich bis nach Rotenburg und Verden. „Je weiter weg der Supermarkt ist, umso häufiger wird unser Service frequentiert“, sagt Geschäftsinhaber Stefan Weidler.

Er gibt die Dreck-Windeln weiter in eine Wäscherei. Dort wird auf die Energiebilanz geachtet. In der Haushaltswaschmaschine zu waschen, womöglich noch mit normalem Waschmittel, sei absolut nicht umweltschonend, sagt Weidler. In einer 1993 veröffentlichten Studie wurde die Umweltverträglichkeit zwischen Wegwerfwindeln und den gewaschenen Baumwindeln verglichen: „Keiner der Beiden hat einen deutlichen Vorteil“, erinnert sich Bruno Oebels von der Abfallwirtschaft in der Bremer Umweltbehörde. Die Behörde gab dem Windel-Express in der Neustadt eine Anschubfinanzierung „von ein paar tausend Mark“.

Die Umweltbilanz in der vertragswäscherei Weidler's beruht auf folgenden Faktoren: Industriewaschmaschinen der Wäscherei bearbeiten pro Maschine gleich 40 Kilo, fressen anstatt Strom Öl, und dosieren das umweltschonende Waschmittel (im Öko-Baukastensystem) per Computer. „Da wird zum Beispiel auch das Spülwasser wiederverwendet zum Vorspülen der dreckigen Windeln.“. Heraus kommen keimarme Windeln, die den Hygieneanforderungen der Krankenhäuser entsprechen. Die Umweltfreundlichkeit der verschiedenen Windel-Service-Einrichtungen in ganz Deutschland wird in der kommenden Mai-Ausgabe der Zeitschrift „Öko-Test“ ausgewertet.

Entgegen der Annahme, daß Plastikwindeln zum Sondermüll gehören, können sie sogar auf den Kompost geworfen werden. „Das Plastik kann man nachher rausziehen“, erläutert Chsristina Stein, Pressesprecherin der Umweltbehörde. Aus hygienischen Gründen gehörten die Wegwerfwindeln jedoch nicht in die Biotonne. Die Windeln aus der normalen Mülltonne werden in der MVA verbrannt.

Für einige NutzerInnen des Windel-Services ist der Umweltaspekt nicht der Wichtigste. Ihnen geht's um die Hautverträglichkeit. Das Kind ist in Naturfaser - beim Bremer Windel-Express sind es gebleichte Baumwollwindeln - eingepackt. „Es gibt Kinder, die fahren besser mit Stoffwindeln“, bestätigen auch die „Neustädter Hebammen“. Manche Kinder bekommen von den Plastikwindeln Pilze. Billiger wird das ganze nicht. Eine 44er Packung Pampers kostet rund 20 Mark, 45 Windeln im Abo beim Windel-Express kosten 24.50 Mark. Die Windelhosen aus „atmungsaktiver Kunstfaser“ gehören dazu. In den Wegwerfwindeln liegen die Kinder zwar trockerner, aber dadruch werden sie nicht schneller „Stubenrein“: „Sie haben keinen Grund aufzuhören in die Windeln zu machen“, folgert Weidler, „und raffen“s nicht.“

Festere Nahrung macht nicht unbedingt schwierigere Flecken in die Stoffwindeln als Muttermilch, die den „Effekt hat, das es mehr ins gelbliche geht“, beschreibt Weidler. „Aber gerade im Frühjahr, wenn es soviel frisches Obst gibt, sind die Verfleckungen etwas hartnäckiger.“

Vivianne Agena