Fersengeld für die Clownesse

■ Wie sich die Kulturbehörde in den ersten Bremer Kinder- und Jugendtheater-Wettbewerb rettet, um ein Förderungsloch zu kitten

Es ist, als blickte die Kulturbehörde nach langem Winterschlaf plötzlich ganz betrübt auf die aufgezehrten Vorräte: Bereits im letzten Sommer hatte sie einen Wettbewerb fürs Bremer Kinder- und Jugendtheater ausgeschrieben; man kündigte 40.000 Mark Preisgeld und den Dezember als Austragungstermin an. Daraus wurde leider nichts, weil viele KünstlerInnen den Wettbewerb als Förderungsersatz boykottierten. Die Behörde setzte auf Besinnung. Ein neues Jahr brach an, mit ihm der neue Haushalt plus Sparmaßnahmen, und jetzt sind gerade noch 20.000 Mark übrgigeblieben, die sich ab heute zehn Bremer Kinder- und Jugendtheatergruppen im Moks-Theater im Brauhaus streitig machen.

„Das ist jetzt nicht einmal mehr die ursprünglich geplante Promotionveranstaltung der Kultursenatorin“, sagen die Beteiligten, die sich trotzdem von dem Wettbewerb immerhin noch ein kleines Quentchen Publicity versprechen. Die sie bitter nötig haben, denn Bremens einst rührige Kindertheaterszene ist in den letzten Jahren mehr und mehr zerschlagen worden. Selbst die Behörde spricht inzwischen vom „Defizit“ im Kinder- und Jugendtheaterbereich, den sie mit Hilfe des Wettbewerbs zu „mildern“ versuche. Von Förderung mag sowieso schon niemand mehr reden. Diese ist im Kulturhaushalt ersatzlos gestrichen worden und auch in Zukunft nicht in Aussicht.

„Die freien Gruppen – zwanzig immerhin haben sich gemeldet – sollen eine Chance bekommen, sich zu präsentieren.“ Das ist der verbleibende Anspruch des Wettbewerbs für die organisierende Theaterreferentin, Ursula Siefken-Schulte. Die freie Kinder- und Jugendtheaterszene sieht jedoch etwas anders aus, als sie sich dort darstellt. Zig SoloschauspielerInnen tummeln sich in der Szene; im Wettbewerb sind sie durch eine einzige Frau repräsentiert: „Clownesse Antonja“ alias Vera Menzen. „Für mich ist die Teilnahme die einzige Möglichkeit, überhaupt Geld zu kriegen“, sagt sie. Selbst ein Bruchteil des Preisgeldes – das sowieso in 10.000 Mark für Kindertheater und 10.000 fürs Jugendtheater gesplittet wird – sei für sie noch interessant.

Solch kleine Summen sind dagegen für die beteiligten Gruppen weniger lukrativ. Wie für das Junge Theater, das ja nur ab und an mal einen kleinen Ausflug in eine Jugendtheaterproduktion macht. „Das Geld haben wir nicht nötig“, findet Carsten Werner, „aber wir möchten, daß die freie Kinder- und Jugendtheaterszene mal geschlossen auftritt“. Konsequenter wäre es da jedoch gewesen, nicht ins Moks-Theater zu gehen, denn „mit der freien Szene hat das Moks nichts zu tun, außer daß es eh keine anderen Bremer Gruppen ins Haus läßt“. Hätte die Behörde den Wettbewerb im Jungen Theater ausgerichtet, dann hätte das Ensemble dort ein richtiges Festival draus gemacht. So aber „dürfen“ die Freien wieder mal nur ausnahmsweise im etablierten Moks-Haus zu Gast sein. Und auch die Wettbewerbs-Jury komme aus der selben Ecke, bemängelt Carsten Werner. „Die ist nicht unabhängig, sondern vom Moks gestellt.“

„Pipifax“ nennt Reinhold Schäfer, Sprecher der Sektion Theater im Kulturrat, das ganze Spektakel. Von irgendeiner Art von Konzept seitens der Kulturbehörde, was die Unterstützung des Bremer Kinder- und Jugendtheaters anbetrifft, mag er erst dann reden, „wenn das Preisgeld auf 200.000 Mark erhöht und eine ordentliche Miete an eine freie Spielstätte, wie etwa das Junge Theater, gezahlt würde“. Denn auch für ihn ist das Moks nicht unbedingt ein Ort , der die breite Öffentlichkeit anzieht. Ohne Kinder jedoch kann zum Beispiel „Clownesse Antonja“ ihre Mitmach-Miniaturen erst gar nicht spielen. sip

Ab heute im Moks-Theater / Termine siehe Veranstaltungskalender