HIV-Positiver abgelehnt

■ HIV-infizierter Bewerber darf beim Gesundheitszentrum "Weg der Mitte" keine Heilpraktiker-Ausbildung machen

Wer HIV-positiv ist, soll nicht Heilpraktiker werden. Zumindest nicht beim Zentrum für ganzheitliche Gesundheit „Weg der Mitte“ in Zehlendorf. Einem Projekt, daß damit wirbt, „das Verständnis füreinander zu vertiefen“ und „jeden in freundlicher Atmosphäre willkommen zu heißen“.

Anfang April hatte sich Horst A. dort für eine Ausbildung zum Heilpraktiker beworben und stellte von vornherein klar, daß er HIV-positiv ist. Für diese Offenheit bekam er nun die Quittung. Schriftlich wurde Horst A. mitgeteilt, das Lehrerteam habe nicht einstimmig zugestimmt, ihn aufzunehmen. Einige hätten sich einfach nicht zugetraut, ihn durch das Programm zu begleiten, erklärt die Leiterin von „Weg der Mitte“, Daya Mullins: „Die haben ungeheuer Angst.“ Denn der Lehrgang beinhalte auch eine Massageausbildung und dabei, so behauptet sie, gebe es eine Ansteckungsgefahr. Zumal nicht ganz klar sei, wie die Ansteckungswege verlaufen, sagt Daya Mullins, die zugleich Leiterin eines Gesundheitszentrums ist, in dem auch Aids-Patienten betreut werden. „So ein Mensch muß mit Gummihandschuhen angefaßt werden.“

Ausschlaggebend sei außerdem gewesen, daß man Horst A. nicht kenne und nichts über seine Verantwortungsbereitschaft wisse. Diese zweifelt Daya Mullins an. „Wir können nicht jemanden, der von der Straße hereinkommt und dessen Verantwortungsbewußtsein sich nur darin äußert, daß er sagt, er ist HIV-positiv, hier aufnehmen.“ Sie wirft Horst A. unter anderem One-Night-Stands vor. Eine unverschämte Behauptung, ärgert sich Horst A., niemals hätte er mit „Weg der Mitte“ über seinen Lebenswandel gesprochen, und sie hätten auch gar nicht danach gefragt.

Das Privatleben des Mannes gehe niemanden etwas an, so Christine Christmann, Aids-Koordinatorin beim Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV), in dem „Weg der Mitte“ Mitglied ist. Der Verband will die Geschäftsführung des Gesundheitszentrums nochmals über Infektionswege und den Umgang mit HIV-Infizierten aufklären. Offensichtlich gebe es bei „Weg der Mitte“ große Informationsdefizite, stellt Christine Christmann fest: „So passiert Ausgrenzung durch Dilettantismus.“ Auch Ulf Hermann, Pressesprecher bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, ist verwundert. Eine HIV-Infektion sei kein Grund zur Ablehnung, selbst dann nicht, wenn es um einen Massagelehrgang gehe. Das sei „weder medizinisch noch moralisch gerechtfertigt“. Horst A. wird sich jetzt bei anderen Schulen bewerben. „Gott sei Dank“, sagt er, „habe ich denen gleich erzählt, daß ich HIV-positiv bin, denn an so einer verlogenen Schule möchte ich auf keinen Fall landen.“ Judith Gampl