Doch noch eine Ruanda-Intervention?

■ Der UNO-Sicherheitsrat lehnt eine Wiederaufstockung der Blauhelmtruppen ab und düpiert damit den eigenen Generalsekretär / US-Überlegungen über ein Eingreifen der Nachbarländer

New York/Nairobi (AFP/wps/ taz) – Nachdem der UNO-Sicherheitsrat trotz einer gegenteiligen Empfehlung von Generalsekretär Butros Butros Ghali eine UNO- Militärintervention in Ruanda abgelehnt hat, mehren sich die Überlegungen, mit einem militärischen Eingreifen aus den Nachbarländern das andauernde Blutvergießen in dem zentralafrikanischen Land zu beenden. Butros Ghali war am Wochenende mit einem Versuch gescheitert, angesichts der sich ständig verschlimmernden Lage in Ruanda die UNO-Blauhelmtruppe in dem zentralafrikanischen Land zu verstärken und mit einem erweiterten Mandat auszustatten.

Der Sicherheitsrat lehnte in der Nacht zum Samstag eine entsprechende Empfehlung ab und beschränkte sich darauf, von den Regierungstruppen und den Rebellen der RPF „wirksame Maßnahmen“ gegen Angriffe auf Zivilisten zu fordern.

Butros Ghali hatte den Sicherheitsrat in einem Brief aufgefordert, „energisch“ zu handeln, um die Ordnung in Ruanda wiederherzustellen. Die „Ereignisse der vergangenen Tage“ hätten gezeigt, daß das derzeitige Mandat der UNO-Mission UNAMIR nicht ausreiche. Zweihunderttausend Menschen seien bei den Massakern der vergangenen Wochen ums Leben gekommen. Es gebe „starke Anzeichen, daß in der Stadt (Kigali) weitere Massaker an Zivilisten vorbereitet werden und daß es mehrere größere Ansammlungen von Zivilisten gibt, die um ihr Leben fürchten, aber wenig effektiven Schutz genießen“. Vor allem im Süden Ruandas würden „großangelegte Massaker“ fortgesetzt.

Der Sicherheitsrat lehnte nach achtstündiger Debatte ein verstärktes UNO-Mandat ab und verzichtete auch darauf, die Geschehnisse in Ruanda mit dem Begriff „Völkermord“ zu bezeichnen, wie es Butros Ghali gefordert hatte. Erst eine Woche vorher hatte der Rat – auf Empfehlung des Generalsekretärs – die Verkleinerung der Blauhelmtruppe in Ruanda von 2.500 auf 270 Soldaten beschlossen. Gegenwärtig befinden sich noch 450 UNO-Soldaten in dem Land. Die Rückzugsentscheidung hatte zu scharfer Kritik geführt, unter anderem auch von der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU).

Die New York Times berichtete gestern, es werde nun in Washington erwogen, eine militärische Intervention benachbarter Länder in Ruanda organisatorisch und finanziell zu unterstützen. Ein solches Eingreifen sei die einzig realistische Chance, das Töten in Ruanda zu stoppen.

US-Präsident Bill Clinton hatte Ende vergangener Woche die Kriegsparteien in Ruanda wiederholt zu einem Waffenstillstand aufgerufen und eine Beteiligung der USA an Friedensverhandlungen in Aussicht gestellt.

Es sei aber offen, hieß es in dem Zeitungsbericht, ob afrikanische Staaten nach dem Scheitern der Somalia-Intervention zu einer Intervention in Ruanda bereit seien. „Die Welt hat sich in Ruanda die Hände nicht schmutzig machen wollen, weil sie in Somalia gesehen hat, wie schwierig eine Intervention ist“, sagte auch der in den Vereinigten Staaten lebende kenianische Wissenschaftler Michael Chege. Mehrere US-Politiker äußerten sich ähnlich. „Wir sind nach Mogadischu sehr ängstlich geworden“, sagte Harry Johnston, Vorsitzender des Afrika-Komitees im außenpolitischen Ausschuß des Senats.