Folterte die Türkei?

■ Sachsens Rätselraten um Folterungen einer abgeschobenen kurdischen Familie

Dresden (taz) – Die Aussagen zum Schicksal der am 6. April aus Sachsen abgeschobenen kurdischen Familie Cetin bleiben weiterhin widersprüchlich. Dem Bonner Auswärtigen Amt zufolge ist Ramazan Cetin nicht, wie in der Presse berichtet, durch die türkischen Behörden gefoltert worden. Bei einer aktuellen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag berief sich Innenminister Heinz Eggert (CDU) auf Recherchen der deutschen Botschaft in Istanbul. Danach soll die Familie gleich nach ihrer Ankunft in der Türkei vier Stunden lang „befragt“ und dann auf freien Fuß gesetzt worden sein. Angeblich habe Cetin seine Aussagen, er sei gefoltert und mehrere Tage inhaftiert worden, gegenüber der Botschaft widerrufen. Eggert und der Ausländerbeauftragte Heiner Sandig (CDU) wollen die Umstände der Abschiebung weiter prüfen. Unstrittig ist, daß auch schwere Versäumnisse des Rechtsanwaltes zu der Abschiebeaktion der Zentralen Ausländerbehörde Chemnitz geführt haben. So ging der Einspruch gegen den Abschiebebescheid erst eine Minute vor Abflug der Maschine beim Verwaltungsgericht ein.

„Pro-Asyl“-Sprecher Herbert Leuninger forderte Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) auf, die siebenköpfige kurdische Familie nach Deutschland zurückzuholen. Leuninger erklärt Cetins Widerruf der Folteraussage mit massiver Bedrohung durch den türkischen Geheimdienst. Wenn die deutsche Botschaft solche Informationen verbreite, sei das „entweder ein Zeichen politischer Naivität oder aber der Ausdruck eines abgekarteten Spieles“. Das Ehepaar Cetin hatte dem Flüchtlingsrat von den Folterungen telefonisch berichtet.

In der Aktuellen Stunde des sächsischen Landtages verstieg sich der stellvertretende CDU- Landesvorsitzende Volker Schimpff zu der Behauptung, in der Türkei gebe es überhaupt keine Folter. Die vom „sogenannten Flüchtlingsrat“ und anderer „interessierter Seite“ aufgestellten „Standardverleumdungen“ gehörten ins Repertoire von „kommunistischen und nationalsozialistischen Mordhetzern und ihrer grünalternativen Feigenblätter“. Als Ingrid Stetter (SPD) über die Verfolgung und Ermordung von KurdInnen und JournalistInnen in der Türkei sprach, blökte ein CDU-Hinterbänkler: „Terroristen bleiben eben Terroristen!“ dek