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■ KommentarSarastros Schuld

Das harte Urteil gegen Chefarzt P. muß von drei Seiten beleuchtet werden. Da ist zunächst die Familie der komatösen Patientin, die auf den Tag gewartet hat, an dem der Mediziner zur Rechenschaft gezogen wird. Das ungewöhnlich hohe Strafmaß erfüllt ihren Wunsch, der Mediziner möge die Folgen seines Nicht-Handelns zu spüren bekommen.

Zweitens leitet der gestrige Schuldspruch wegen bedingt vorsätzlicher schwerer Körperverletzung ein neues Kapitel in der Rechtssprechung ein. Daß bei Medizinern nicht mehr selbstredend davon ausgegangen wird, daß sie zum Wohle der Patienten handeln wollten, ist ungewöhnlich. Eine juristische Gratwanderung, die schon bald erneut zum Thema werden wird: Wenn der UKE-Strahlenarzt Claus-Henning Hübener vor Gericht steht.

Das dritte Schlaglicht fällt auf den gebrochenen Professor selbst, der sich vor Gericht in Andeutungen über die hehren Ziele des Priesters Sarastro aus Mozarts Zauberflöte verlor. Sobald ein rechtskräftiges Urteil vorliegt – und sei es letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof – wird die Ärztekammer gegen ihn vorgehen. Wie lange der Geburtshelfer seine Approbation noch behält, ist ungewiß.

Sicher ist, daß in Hamburg nach wie vor Frauenärzte Betäubungen vornehmen, deren Risiken sie per se nicht gewachsen sind. Daß der verurteilte Chefgynäkologe vornehmlich die eigene Haut und nicht das Leben von Mutter und Kind retten wollte, muß freilich bezweifelt werden. Lisa Schönemann

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