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Von der Weser zur „Wasserautobahn“

■ Häfenressort will 36 Mio. für Ausbau der Mittelweser / BUND: Binnenschiffe unökologisch

Dem Bremer Senat liegt heute ein folgenschweres Papier vor: „Anpassung der Mittelweser für das Großmotorschiff“ ist die Überschrift. Derzeit wird die Weser für das „Europaschiff“ (85 Meter lang, 9,50 Meter breit) ausgebaut. Dies reicht aber für die nächstgrößere Generation von Binnenschiffen nicht mehr aus: 120 Meter lang und 11,40 Meter breit sollen die „Großmotorschiffe“ sein. Für die ist aber alles zu eng und zu klein: Nur auf der Hälfte der Strecke zwischen Bremen und dem Mittellandkanal (Minden) sind Begegnungen dieser Container-Frachter möglich, die Schleusen sind zu klein, die Brücken zu niedrig. Ohne gewaltigen Ausbau, so schrieb das Bundesverkehrsministerium 1993 an den Bremer Sent, wird sich „kein nennenswerter GMS-Verkehr auf der Mittelweser entwickeln“.

Dies soll nun in Angriff genommen werden. Bis zum Mittellandkanal, der die Weser in Minden kreuzt, soll die Fahrrinne vertieft und teilweise verbreitert werden, 108 Millionen Mark kostet eine erste Ausbaustufe nach der derzeitigen Planung. Der Bund zahlt zwei Drittel und das Land ein Drittel, steht in dem heute vorliegenden Senatsbericht des Häfenressorts. Die Zahl fehlt dort: Auf Bremen kommen volle 36 Millonen zu, weil Niedersachsen dafür keinen Pfennig ausgeben will. Wenn der Senat heute wie geplant zustimmt, dann wird mit den Naturschutzbehörden noch ein Gutachten über die ökologischen Folgewirkungen erarbeitet, im Sommer soll dann die grundsätzliche politische Entscheidung getroffen werden.

„Primitivkonzept Ausbau“, kritisiert der Bund für Natur- und Umweltschutz (BUND) diese Pläne. Aus verschiedenen Gründen hält der BUND überhaupt nichts von der verbreiteten Vorstellung, Binnenschiffahrt sei umweltfreundlich. Denn Binnenschiffe sind im Durchschnitt lediglich zu 9 Prozent ausgelastet, der spezifische Energieverbrauch liegt, so der BUND, „mehr als doppelt so hoch als bei vergleichbaren Transporten auf der Schiene“. Das Binnenschiff hat deshalb einen Energieverbrauch wie ein zu 80 Prozent ausgelasteter Fernlastzug.

Wenn man die Umweltfreundlichkeit bewerten will, dann muß man die Umweltfolgen dazurechnen: durch die Ausbaggerungen wird der Fluß als Natursystem weiter beeinträchtigt. Arbeitsplätze können kein Argument sein: die riesigen Schiffe kommen mit immer weniger Personal aus. Und je mehr der Fluß zum Großkanal ausgebaut wird, um so mehr werden regionale Zusammenhänge zerschnitten. Praktisch alle Brücken über die Weser sind für diese Großmotorschiffe zu flach. Zunächst können die Groß-Schiffe nur halb beladen (mit zwei Lagen Containern) fahren, richtig rentabel wird es dann aber erst, wenn alle Brücken neu gebaut sind. Die nächsten Ausbauschritte sind damit vorprogrammiert.

Dabei ist die Weser mit den bisher dort fahrenden Schiffen keineswegs ausgelastet: 80 Prozent mehr an Schffen herkömmlicher Größenordnung könnte sie aufnehmen. „Schiffe müssen sich den Flüssen anpassen, nicht umgekehrt“, fordert der BUND. Statt dem Trend zur „Wasserautobahn“ stünden Renaturierungsmaßnahmen des europäischen Flußsystems an.

K.W.

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