Im Zeichen der „postmodernen“ Verflüssigung

■ Betr.: „Bücher von Rainer Zitel mann“, Ullstein-Anzeige, taz vom 18.4.94

Nun scheint der Zug endgültig abgefahren. Auf den mäßigen „Linksliberalen“ Michael Sontheimer können die LeserInnen Eures Blattes sicher verzichten. Aber sein Rauswurf ist ein weiterer Indikator dafür, daß das Pendel der Meinungsmache in der taz von Jahr zu Jahr weiter nach rechts ausschlägt.

Ausführlich widmet sich mensch in FAZ-Manier den „Gefahren“ einer antifaschistischen Linken, die sich immer noch gegen die Etablierung neu-rechter „Diskurse“ wehrt, Nationalismus und Autoritarismus immer noch mit Fug und Recht ausgrenzt und bekämpft. Die taz dagegen kämpft um „Tabubrüche“ und entledigt sich letzter politischer Skrupel: Unkommentiert, auch im nachhinein, erschien eine Großanzeige für „Bücher von Rainer Zitelmann“, darunter nicht nur „Für Deutschland“, sondern auch „Westbindung“, in welchem H. H. Knütter in seinem Artikel „Deutschlandfeindlichkeit im westlichen Ausland“ auf 17 Seiten alle Elemente des modernen Antisemitismus reproduziert und letztlich eine Verschwörung jüdischer Linker gegen Deutschland projiziert.

Im Zeichen der „postmodernen“ Verflüssigung hat die taz offensichtlich die letzten antiherrschaftlichen Denkansätze überwunden; nicht nur die intellektutelle, sondern auch die moralische Substanz ist verloren gegangen. Wann sind Gastkommentare von Ernst Nolte zu erwarten? Fusioniert die taz demnächst mit dem großen Gegenüber an der Kochstraße? Projekt Archiv e.V., Berlin