Der Euro-Müll bleibt

■ Abfallverordnung im EU-Parlament

Straßburg (taz) – Die Stichflamme wurde grün. Henk Venner von der Umweltorganisation „Friends of the Earth Netherlands“ demonstrierte vor der Presse, daß die Euro-ParlamentarierInnen ihr Mineralwasser aus PVC-Flaschen trinken. Ein bißchen heißes Kupfer schmolz etwas Plastik von der Flasche: Im Brenner färbte sich die Flamme grün, es war Kupferchlorid entstanden: Nur möglich, weil die Plastikflasche aus gefährlichem chlorhaltigem PVC besteht.

Venners Aktion kam zu spät: Bei der Schlußabstimmung über die EU-Verpackungsrichtlinie bekamen die meisten Änderungsanträge des Parlaments gegenüber dem Entwurf des Ministerrates nicht die erforderliche Mehrheit von 259 Stimmen. Herausgekommen ist eine Verordnung, die ökologisch unsinnigen Verpackungen einen Bestandsschutz bietet, die Verbrennung von 20 bis 40 Prozent der anfallenden Verpackungen erlaubt, eine Obergrenze von 45 Prozent für das stoffliche Recycling aller Verpackungsmüllsorten vorgibt, ohne das Verursacherprinzip auskommt. „Wir haben eine wichtige Schlacht verloren“, sagte der dänische Eurpoaabgeordnete John Iversen. Auch Klaus Töpfers Ultima ratio, daß die Hersteller ihre Verpackungen zurücknehmen müßten, wenn das duale System scheitert, „kann mit dieser Richtlinie nicht mehr in Kraft treten“, so Hiltrud Breyer von Bündnis 90/ Die Grünen. Eine letzte kleine Chance für eine fortschrittlichere Verordnung besteht noch. Weil das Parlament trotz knapper Besetzung einen umstrittenen Änderungsantrag verabschiedet hat, muß nach der Europawahl wohl ein 24köpfiger Vermittlungsausschuß eine gemeinsame Linie von Ministerrat und Parlament finden. Prinzipiell könnte die Verordnung dann noch einmal verschärft werden. Zur Debatte stände aber auch die deutsche Extrawurst: Die Bundesrepublik darf nach Art. 6 Abs. 6 der Richtlinie mehr als 45 Prozent aller Verpackungen stofflich verwerten – wenn die EU- Kommission zustimmt. Im Parlament rief der britische Labourabgeordnete David Bowe erst kürzlich dazu auf, solche „nationalistischen deutschen Pläne“ zu stoppen. Hermann-Josef Tenhagen