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„Ein gemütlicher Laden“

■ Derehemalige Dozent Kurt Behning erinnert sich

Einer der Zeitzeugen ist der 72jährige Kurt Behning: „Die Kurse an der Volkshochschule, das war eine sehr schöne Arbeit“, sagt der pensionierte Berufsschullehrer für Deutsch, Politik und Geschichte. „Die Menschen kommen freiwillig und haben Interesse, was zu lernen.“

Behning war Mitte der 60er Jahre der erste Dozent, der einen Kurs mit dem Titel „Deutschland unter Hitler“ anbot. Es habe ja Jahre gedauert, bis Literatur und Material zum Thema NS-Zeit auf dem Markt waren, erklärt sich Behning die lange Spanne. Außerdem hätten die Menschen in der Nachkriegszeit sich sehr auf ihre berufliche Eingliederung konzentrieren müssen, da blieb für Politikkurse nicht viel Luft.

Am wichtigsten an seinen Kursen, die zunächst in der Uni und später in einer Gewerbeschule an der Bundesstraße stattfanden, sei das Gespräch gewesen: „Da waren viele dabei, die die NS-Zeit miterlebt haben und selbst Zeitzeugen waren“. Nach einem anfänglichen kurzen Vortrag - etwa aus Eugen Kogons Buch „Der SS-Staat“ oder einem Theaterstück - ging es ans Diskutieren, oft bis spät in die Nacht.

Behning, der zunächst Lehrer in der Jugendhaftanstalt Hahnöfersand und später an der Landespolizeischule Alsterdorf war, hat denkwürdige Erfahrung mit dem deutschen Nachkriegsstaat gemacht. Als VHS-Dozent gab er einmal wöchentlich auch einen Deutschkurs für Strafgefangene im Zuchthaus. Nachdem 1971 bekannt wurde, daß er einem Häftling Grippetabletten mitgebracht hatte, galt er als Sicherheitsrisiko und wurde auch von der Landespolizeischule entlassen.

Schließlich unterrichtete er an der Gewerbeschule für Kraftfahrzeugtechnik. Das habe ihm aber weit weniger Spaß gemacht als die Abende an der VHS. Denn die, so sagt er, „war zu meiner Zeit noch nicht so groß und fast ein gemütlicher Laden“. kaj

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