Gnade und Recht für RAF-Gefangene verlangt

■ Politiker: Kinkel-Initiative fortsetzen

Berlin (taz/AP) – Freiheit für die RAF- Gefangenen? Nach der Begnadigung des kranken Bernd Rößner haben sich mehrere Rechts- und Verfassungsschutzexperten für eine Fortsetzung der Kinkel-Initiative gegenüber denjenigen RAF-Gefangenen eingesetzt, die dem Terror abgeschworen haben. Für diese vom damaligen Justizminister Kinkel eingeleitete Linie plädierten am Wochenende der frühere Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hans Neusel, der FDP-Rechtspolitiker Jörg van Essen und Ex-Verfassungsschutzchef Heribert Hellenbroich. „Unter Einhaltung aller rechtsstaatlicher Spielregeln sollte der Weg in die Normalität auch Straftätern aus der terroristischen Szene weiter geboten werden.“ So sprach Neusel, selbst Ziel eines mißglückten Attentatversuchs der RAF. Er verteidigte die Gnadenentscheidung des Bundespräsidenten: „In der Vergangenheit haben sich regelmäßige Haftüberprüfungen nach 15 Jahren und Gnadenakte bewährt.“

Jörg van Essen forderte, auch der nächste Bundespräsident müsse an der Linie Weizsäckers festhalten. Einige Terroristen hätten sich von der Gewalt losgesagt, und es dürfe kein negatives Sonderrecht nach dem Motto „Einmal RAF-Terrorist, immer RAF-Terrorist“ geben. Er appellierte an den kommenden Bundespräsidenten, „gegebenenfalls Gnadenentscheidungen zu treffen“, und an die Gerichte, Haftüberprüfungen vorzunehmen. Ähnliches vertrat Hellenbroich: „Grundsätzlich denke ich, daß die Kinkel-Linie, Terroristen der Roten Armee Fraktion die Hand zur Versöhnung zu reichen, richtig ist.“ Kommentar Seite 10