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„Wir haben immer gut zusammengelebt“

Sie waren vor allem Schlachter und Viehhändler gewesen, die Väter der jüdischen Familien, die sich im letzten Jahrhundert in Ottersberg niedergelassen hatten. Stillschweigend wurden sie dort in die Dorfgemeinschaft aufgenommen. Stillschweigend wurde dort ein Miteinander praktiziert, obwohl vielen Einheimischen die jüdische Lebensart fremd war und auch geblieben ist.

„Wir haben immer gut zusammengelebt“ heißt Heidelore Kluges Buch über die Juden in Ottersberg, das sich ein bißchen von dieser Fremdheit wegbewegen möchte. Sie kann sich dabei nur auf wenige erhaltene Akten und auf ein paar persönliche Aussagen stützen. Ansonsten bleiben ihr Grabinschriften, Geburts- und Sterbedaten, Namen. Und da läßt die Autorin ihre Fantasie dann spielen und erfindet „Grabsteingeschichten“. Zum Beispiel über Röschen Hertz, geborene Lindenberg, von der sie nur weiß, daß sie sehr alt geworden ist. Oder über den Schlachter Moses, von dessen Töchtern man sich erzählt, daß sie kaum redeten und irgendwann gesagt haben: „Wir gehen nach Amerika“.

Den Blick auf jüdische Sitten und Gebräuche öffnet die Autorin nur über ihre eigenen Erfahrungen. Sie berichtet und vermittelt ohne viel sprachliche Umschmückung und gibt beim Lesen das Gefühl, einem Ottersberger Geheimnis etwas nähergekommen zu sein. Mehr kann dieses Bändchen gar nicht leisten. Und will es wohl auch nicht – wo der jüdische Friedhof in Ottersberg zu finden ist, muß selbst erkundet werden. sip

Heidelore Kluge: Wir haben immer gut zusammengelebt. Donat Verlag, 1994. 19 Mark 80.

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