■ 333 m/sec
: Einskommairgendwas

Ich für meinen Teil staubsauge gerne während des Frühstücksfernsehens – und zwar die ganze Wohnung. Weswegen ich in jedem Zimmer ein TV-Empfangsgerät besitze. Von wegen schöne, saubere Fernsehwelt.

Seit neuestem ist es allerdings vorbei mit dem Saug-Seh-Genuß: Seit ich meinen Wohnzimmer-„Nordmende“ an eine Astra-Satellitenanlage anschließen ließ, das Schlafzimmer aber weiterhin terrestrisch versorge, driften nämlich die Programme zwischen guter Stube und Schlafstatt unaufhaltsam auseinander. Nicht nur, daß ich während des ARD-Regionalprogramms im Wohnzimmer nun mit den MDR-Moderatoren, im Schlafzimmer dagegen mit den SFB- Bärchen grundversorgt werde. Nein: die gesamte Einheit von Zeit und Raum ist zum Teufel gegangen. Was ich auch im orbitalen Wohnzimmer einschalte, wo immer ich hinswitche: Das terrestrische Schlafzimmer ist schon da. Zwischen den beiden Wohnpolen ist somit ein lustiger Halleffekt entstanden – verstehen kann man nun allerdings gar nichts mehr.

Natürlich dachte ich zunächst an menschliches Versagen, an einen Hörsturz oder einen kleinen unachtsamen Moment während der Schüssel-Montage. Aber weder die HNO-Kassenvereinigung noch das Technisat-Service-Center fühlte sich für mein Problem zuständig. Auch die Telekom, Abt. Kabelfernsehen, zeigte sich uninteressiert. „Kann alles so sein“, meinte Herr Arndt, „aber erklären kann ich Ihnen das auch nicht.“ Währenddessen spaltete sich nun auch die Prime Time in zwei Sinneinheiten. Zwanzig Uhr ist in meiner Lebenswelt jetzt nicht mehr definierbar – und bei den Telespielen der Privaten bin ich nun extrem benachteiligt: Mein Telefon steht im Wohnzimmer.

Gestern nun endlich erreichte ich Herrn Gutperle von der Astra-Marketing GmbH. In schwäbischem Gleichmut klärte er mich über die Unaufhebbarkeit des Zeitverlustes auf. Das „getaktete, synchronisierte Satellitensignal“ habe immerhin 72.000 km Wegstrecke zurückzulegen, bevor es mein Wohnzimmer erreiche. Bei einer Geschwindigkeit von 333 m/sec läge der Zeitverlust verständlicherweise „irgendwo in der Gegend von einskommairgendwas Sekunden“. Eine niederschmetternd logische Erklärung. Ich für meinen Teil habe nun beschlossen, nur noch mein Schlafzimmer zu saugen. Soll der MDR doch in seinem eigenen Dreck ertrinken. klab