Cocktailempfang statt Föderationsabkommen

■ Die geplante Unterzeichnung des Abkommens über eine muslimisch-kroatische Föderation in Bosnien ist geplatzt / USA und EU-Staaten konnten sich nicht einigen

Genf (taz) – Eigentlich hätte heute in Genf das Abkommen über eine bosnisch-kroatische Föderation unterzeichnet werden sollen. Der Termin, zu dem auch US- Außenminister Warren Christopher angereist war, wurde jedoch gestern kurzfristig abgesagt. Grund: Widersprüche zwischen der Bosnien-Politik der USA und der Europäischen Union (EU) sowie erhebliche Abstimmungsprobleme innerhalb der US-Regierung. Von dem gestern in Genf stattfindenden Treffen der Außenminister der USA, Rußlands, Frankreichs, Großbritanniens und der EU-Troika (Belgien, Deutschland, Griechenland) zur Koordination ihrer Bosnien-Politik wurde nur eine allgemein gehaltene Abschlußerklärung erwartet. Zu Redaktionsschluß saßen die sieben Herren noch am Tagungstisch.

Die bosnischen Kroaten und Muslime hatten sich am Mittwoch abend in Wien auf eine gemeinsame Karte und Regierungs- und Verwaltungsstrukturen für die bereits Mitte März in Washington im Grundsatz vereinbarte Föderation verständigt. Danach soll die Föderation in acht Kantone gegliedert werden, von denen vier unter muslimischer, zwei unter kroatischer sowie zwei unter paritätischer Führung verwaltet werden. Sie sollen zusammen 58 Prozent des Territoriums der bisherigen Republik Bosnien-Herzegowina umfassen. Dazu gehören alle Regionen und Städte, die vor Kriegsbeginn mehrheitlich von Kroaten oder Muslimen bewohnt waren, inklusive der ostbosnischen Enklaven Goražde, Zepa und Srebenica. EU und UNO – und damit auch die USA – hatten in den letzten Monaten hingegen ein Modell vertreten, das lediglich 51 Prozent des Territoriums für die Föderation sowie 49 Prozent für die bosnischen Serben vorsieht. Die Wiener Verhandlungen fanden unter aktiver Vermittlung von Clintons Bosnien-Beauftragtem Redman in der dortigen US- Botschaft statt. Noch am Donnerstag abend stellte sich Redman im Namen der US-Regierung ausdrücklich hinter das Wiener Verhandlungsergebnis – inklusive der 58 Prozent Territorium für die Föderation. Zu dieser Stunde hatte sich sein Chef Christopher allerdings schon vom französischen Außenminister Juppé auf das von UNO und EU favorisierte Modell „51:49“ überzeugen lassen. Da der Disput das gestrige Außenministertreffen zu belasten drohte – zusätzlich zur Forderung des US-Senats nach einseitiger Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien und Frankreichs Drohung, seine Unprofor-Soldaten abzuziehen –, sagten die US-Diplomaten die Unterzeichnung schließlich ab. Statt dessen luden sie für heute zu einem Cocktailempfang. Andreas Zumach