Vogelschutzpark in Senegal vor dem Aus

■ Ein Entwicklungshilfeprojekt zerstört ein anderes

Der Nationalpark Djoudj in Nordsenegal, das mit 16.000 Hektar weltweit drittgrößte Vogelreservat, gilt als „Oase in der Wüste“ und Paradies für alles, was Federn hat. Nach dem kräftezehrenden Flug über die Sahara muß das Schutzgebiet Zugvögeln aus Westeuropa tatsächlich als Himmel auf Erden erscheinen. Das fischreiche Mündungsdelta des Senegalflusses bietet insgesamt rund drei Millionen Vögeln ideale Lebensbedingungen. Ob das so bleibt, ist fraglich. Denn dem vom Land Nordrhein-Westfalen mit jährlich 300.000 Mark unterstützten Park droht die Zerstörung – durch ein ebenfalls mit deutscher Entwicklungshilfe gefördertes Landwirtschaftsprojekt.

Zwei Staudämme am Ober- und Unterlauf des Flusses regulieren seit einigen Jahren den Wasserstand. Einer von ihnen, Manantali, wurde von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit dreistelligen Millionenbeträgen mitfinanziert. Langfristig sollen an beiden Seiten des mauretanisch-senegalesischen Grenzflusses am Rande der Wüste fast 375.000 Hektar Anbaufläche für Reis und Zucker bewässert werden. Doch durch die Staudämme Diama und Manantali wurde das ökologische Gleichgewicht nachhaltig gestört.

„Der Djoudj braucht sowohl Salz- als auch Süßwasser. Früher konnte Salzwasser aus dem Atlantikraum bis in die Wasserarme des Parks vordringen“, erläutert der Parkwächter Adjudant Suleyman. Das ist vorbei, seit der dem Djoudj vorgelagerte Diama 1986 in Dienst gestellt wurde. Die Folge: Der Wassersalat, eine Süßwasserpflanze, breitete sich ungehindert aus, wucherte die Seen und Flußarme zu und erstickte das Leben darunter. „Durch die Staudämme haben wir ständig ein künstliches Hochwasser. Früher trocknete der Park zur Trockenzeit im Frühsommer fast aus, und der Wassersalat starb ab“, sagt Suleyman. Mangels Alternative ließen sich viele der schweren Pelikane auf dem Wassersalat nieder. Salzwasser liebende Vögel hätten den Park schon verlassen.

Daraufhin zogen die Parkwächter die Notbremse, um das 1981 von der Unesco unter Schutz gestellte Vogelreservat zu erhalten. Sie versuchten, künstlich zu erreichen, was zuvor ohne Fremdeinwirkung einwandfrei funktioniert hatte: die Zuleitung von Salzwasser. Dazu dichteten sie das Gewässer durch Schleusen ab. Das Delta verwandelte sich von einem fließenden in ein stehendes Gewässer. Der Djoudj versalzte, denn von dem Meerwasser aus „unregulierten“ Zeiten hatte sich viel Salz im Boden angesammelt, das nun gelöst wurde. Die Folge: Der Wassersalat stirbt ab.

Doch die Verwandlung des Djoudj in ein stehendes versalztes Gewässer wird Probleme bei den Fischbeständen hervorrufen. Die Umweltprobleme machen an den Grenzen des Parks nicht halt. Der mit großem Aufwand betriebene Reisanbau ermöglicht zwar mehrere Ernten pro Jahr, aber die intensive Bewässerung läßt die Böden versalzen und macht sie damit unfruchtbar. Zu viel Salz hat sich durch die Überschwemmungen vergangener Jahrhunderte im Boden angesammelt. Die KfW plant den Bau eines Stichkanals, um das salzige Wasser von den Feldern abfließen zu lassen. Wieder wird mit großem Aufwand künstlich etwas angestrebt, das früher selbstverständlich war.

Grundsätzlich stellt sich die Frage nach dem Sinn des Reisanbaus in einer dafür offensichtlich nicht geeigneten Region. Gewiß: Senegal ist ein Land, das sich nicht selbst ernähren kann. Jedes Jahr werden rund 350.000 Tonnen Reis importiert, die Eigenproduktion liegt bei 50.000 Tonnen. Doch selbst der Reis aus Asien ist deutlich billiger als der selbst produzierte. Annemie Diefenthal