„Amtshilfe“ für iranische Botschaft

Bundesamt für Flüchtlinge legt iranischen Asylbewerbern ein Konsulatsformular über Fluchtgründe und Fluchtweg vor / Vizepräsident stellt Vorgehen seiner Behörde in Frage  ■ Aus Berlin Dorothee Winden

Wenn Iraner einen Asylantrag stellen, legt ihnen das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ein Formular der iranischen Botschaft in Bonn vor. Darin sollen sie unter anderem beantworten, wann und warum sie den Iran verlassen haben, welche Grenze sie zum Verlassen des Landes benutzt haben und warum sie einen Asylantrag stellen. Wie der Vizepräsident des Bundesamtes, Wolfgang Weickhardt, gegenüber der taz bestätigte, wird bundesweit „routinemäßig“ so verfahren. Das Formular der iranischen Botschaft werde zusammen mit einem deutschen Formular vorgelegt, in dem zur Beschaffung eines Paßersatzes Personalien abgefragt würden. Die iranische Botschaft verlange „darüber hinausgehende Daten“, deshalb lege das Bundesamt seit März auch das iranische Formular vor.

Weickhardt zufolge ist dieses Vorgehen durch das Asylverfahrensgesetz gedeckt, das eine Paßbeschaffung „zum frühest möglichen Zeitpunkt“ vorsieht. Indirekt gab er jedoch zu, daß seine Behörde über das Ziel hinausschießt. Weickardt räumte ein, daß sich der fragliche Paragraph 43 b nur auf Flüchtlinge bezieht, die verpflichtet sind, in einem Heim zu wohnen, und deren Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft wird. Dies läßt sich aber zu dem Zeitpunkt, zu dem der Flüchtling den Antrag stellt, noch gar nicht feststellen. Zudem gibt es Weickhardt zufolge derzeit kaum „offensichtlich unbegründete“ Asylanträge von Iranern.

Es handle sich um eine „rein vorsorgliche Maßnahme“. Deshalb müsse man sich „überlegen, ob es Sinn macht, die Formulare bei der Antragstellung vorzulegen“, räumte er ein. Weickhardt betonte, daß die Unterlagen nur dann an Bundesgrenzschutz und Botschaft weitergegeben werden, wenn es sich um „offensichtlich unbegründete“ Fälle handle. Das Ausfüllen des iranischen Formulars sei zudem „freiwillig“. Er sei „fest überzeugt“, daß Flüchtlinge bei einer Ablehnung und Rückkehr in den Iran deswegen keine Nachteile zu befürchten hätten.

Iranische Oppositionelle erklärten dagegen, daß abgelehnte AsylbewerberInnen bei ihrer Rückkehr in jedem Fall mit einem Verhör rechnen müssen. Ihnen drohe auch eine zumindest vorübergehende Festnahme. „Die geringste Strafe ist ein Reiseverbot“, erklärte Dr. Mehdi Haeri. Ein Stempel in iranischen Pässen untersage es dem Paßinhaber, im Ausland etwas zu tun, das sich gegen die Islamische Republik Iran richte. Darunter falle auch ein Asylantrag. Nach Angaben von Haeri wird in dem fraglichen Formular auch nach den Namen der Eltern und Geschwister sowie nach der Adresse der Familie im Iran gefragt. Es sei zu befürchten, daß auch Druck auf die Familie ausgeübt werde. Wie Javad Dabiran vom Nationalen Widerstandsrat Iran in Deutschland berichtete, kommt es vor, daß abgelehnte Asylbewerber bei ihrer Rückkehr unter Druck gesetzt werden, künftig mit den iranischen Behörden zusammenzuarbeiten.

Herbert Leuninger von Pro Asyl bezeichnete das Vorgehen des Bundesamtes „als höchst bedenklich“. Er kritisierte, daß die Behörde die mit der Vorlage des Formulars verbundene Gefährdung der Flüchtlinge herunterspiele. Ohnehin sei der Iran „gründlichst über Asylverfahren informiert“. „Wir gehen von einem intensiven Informationsaustausch aus“, so Leuninger. Stefan Telöken, Pressesprecher des Bonner UNHCR-Vertreters, erklärte: „Wir sind darüber nicht glücklich, denn für den Betroffenen entsteht eine schwierige psychologische Lage. Aber solange dem Flüchtling kein Nachteil erwächst, ist das rechtlich unangreifbar.“