Häftlinge produzieren für den Export

■ Neuer Bericht über Bedingungen in Chinas Arbeitslagern und fast 500 bislang unbekannte politische Gefangene

Peking (taz) – Immer noch werden Produkte aus chinesischen Arbeitslagern in die USA exportiert – obwohl die Regierung in Peking sich verpflichet hat, solche Exporte zu unterbinden. Das stellt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch/Asia in einem Bericht fest, der gestern in Peking vorgelegt wurde. Der Report konzentriert sich vor allem auf die Bedingungen im Pekinger Gefängnis Nr. 2 und im Gefängnis Qinghe- Farm nahe der Stadt Tianjin, wo etwa 200 Chinesen im Alter von 17 bis 71 Jahren inhaftiert sind. Er dokumentiert die Fälle von mehr als 500 Leuten, die wegen ihrer Beteiligung an Protesten 1989 festgenommen worden waren. Internationale Menschenrechtsgruppen hatten zuvor nur von 29 dieser Gefangenen gewußt.

Diese bislang unbekannten „konterrevolutionären“ Häftlinge seien häufig mißhandelt worden. Sie seien mit Elektroschocks gequält und geschlagen worden, erklärt Human Rights Watch/Asia, vormals Asia Watch. Ein Beispiel: Shi Xueshi, der wegen „konterrevolutionärer Brandstiftung“ zu sechzehn Jahren verurteilt war, hatte einen Zettel in Handschuhe geschmuggelt, die für den Export bestimmt waren. Nachdem die Notiz gefunden wurde, schlug man Shi mit Elektro-Schlagstöcken und warf ihn in eine Einzelzelle.

Die Organisation behauptet auch, daß die Behörden eine Gefängnisvisite des Internationalen Roten Kreuzes in allen Einzelheiten vorbereitet hatten. Der Besuch sollte zunächst am 20. Januar diesen Jahres stattfinden, wurde dann aber von der Regierung in Peking abgesagt. Unter der Aufsicht eines hochrangigen Regierungsfunktionärs war zuvor eine großangelegte Putz- und Hygieneaktion gestartet worden. Kranke Gefangene wurden verlegt. Ein üppiger Speiseplan wurde in der Kantine ausgehängt und die Gefängnisinsassen durften sich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder heiß duschen. Human Rights Watch dokumentiert 88 neue Festnahmen in diesem Jahr. Dazu gehören auch Mitglieder einer protestantischen Sekte, die zur Zwangsarbeit in der Provinz Shandong verurteilt worden sind, politische Aktivisten in der Provinz Gansu und tibetische Nonnen, die eingekerkert wurden, weil sie nationalistische Lieder sangen.

Unterdessen hat ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums Zeitungsberichte bestritten, wonach der prominente Dissident Wei Jingsheng wegen Hochverrats vor Gericht gestellt werden soll. Eine Anklage wegen anderer Verbrechen liege aber bereits beim Staatsanwalt, heißt es einer anderen Quelle zufolge. Falls die Behörden von einer Gerichtsverhandlung absehen, könnten sie Wei aber immer noch zu einer administrativ verhängten Strafe von mehreren Jahren im Arbeitslager verurteilen. Sheila Tefft/li