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Humaner Sex

■ Das Kabarett-Duo „Märchenprinzen“

Der Single, die Wohngemeinschaft, die Familie, die Politiker, der Rettungsdienst und zu guter letzt „humaner Sex“: Die Märchenprinzen Dietrich Krauß sowie Wolfgang Kröper lassen nichts anbrennen und suhlen sich mit ihrem aktuellen Programm Der Bock bleibt im Schuppen genüßlich in den kabarettistischen Niederungen eines „immer moderner werdenden Alltaglebens“.

Mit praller Spiellust und einem erfrischenden Schuß Boshaftigkeit bieten sie frugal inszenierte Miniaturstudien, die in die Abgründe gegenwärtiger Befindlichkeit führen. So die unbarmherzige Wohngemeinschaft, die den Neuzugang mit einem brutalen Eignungstest malträtiert. Der Bewerber wird jedoch vom WG-Tribunal abgelehnt, weil ihm „ab dem Badezimmer irgendwie der Wahnsinn gefehlt hat.“ Da wird das Toilettenpapier zum echten Stolperstein.

Aber auch der Ein-Personenhaushalt, „Einkaufen und Zusaufen“, kriegt sein Fett ab. Ganz zu schweigen vom Vater-Mutter-Kind-Modell: „Jede Familie ist wie 'ne kleine DDR. Sie befindet sich in einer ständigen Krise“, wissen die Märchenprinzen.

Bei all den grotesken Mikrokosmen des Privat-Persönlichen bleibt der Blick über den Tellerrand aus. Stellvertretend hierfür steht „Herr Bürger vom Neuen Roten Kreuz“, der eine Unfallmeldung – ein Bus ist in eine Gruppe von Flüchtlingen reingerauscht – nicht so recht weiterleiten mag: „Das macht mich ungeheuer aggressiv, so was paßt gar nicht zu uns vom Neuen Roten Kreuz“.

Den unentwegt durch die Republik tourenden „Arbeitern am deutschen Humor“ gelingt in ihrer Aufführung das seltene Kunststück, bösen Biß mit spritziger „zeitgeistspeiender“ Eloquenz zusammenzubringen. Kein bleiernes kabarettistisches Sendungsbewußtsein, sondern eine schauspielerisch und musikalisch gekonnt dargebotene Satire-Show.

Dierk Jensen

SchlapplacHHalde, Rentzelstraße 17, bis zum 23. 5., 20.30 Uhr

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