An Männerstrukturen orientiert

■ Das Frauen-Werkstattgespräch des DGB in Düsseldorf

„DGB im Disput“ – so lud noch Heinz-Werner Meyer persönlich zum Werkstattgespräch „Sind Frauen unerhört?“. Meyer wollte die Programmdiskussion forcieren und auch gleichstellungspolitische Akzente setzen. Sein Stellvertreter Ulf Fink trat mit einer nichtssagenden Begrüßung an seine Stelle. Nikolaus Simon, ÖTV, war der einzige Mann, der mit Bedauern feststellte, daß die Männer die auf der Hand liegende und existenzielle Frage der Gleichstellung der Geschlechter nicht aufnehmen. Er setzte auf die Quote als Instrument der Veränderung.

Brauchen die Gewerkschaften ein anderes Leitbild von Erwerbsarbeit, fragte sich der DGB. Ingrid Kurz-Scherf (Sozialwissenschaftliches Forschungszentrum Berlin) kritisierte in ihrem Referat, daß die Gewerkschaften kaum einen wirklich ernsthaften Gedanken an einen neuen Kurs verschwenden. Noch immer orientierten sie sich an den männlichen Lebensstrukturen und der Geringschätzung des Anteils von Frauen am Arbeitsprozeß. Am deutlichsten zeige dies die Arbeitszeitpolitik. In den achtziger Jahren noch herrschte weitgehende Ignoranz gegenüber Teilzeitarbeit, und den Kampf um die 35-Stunden-Woche verbanden allein die Frauen mit der Perspektive einer neuen geschlechtlichen Arbeitsteilung. Anschließend wurde eine weitere Arbeitszeitverkürzung tabuisiert und die Teilzeitarbeit plötzlich als Ersatzstrategie entdeckt. Der Rationalisierungsstrategie der Unternehmer hechelten die Gewerkschaften dabei hinterher. Hätten sie auf die Frauen gehört, wären sie auch nicht auf die Idee gekommen, alle Erwerbsarbeit in eine Einheitsform pressen zu wollen. Vielfalt und Dynamik hätte Leitbild werden können.

Eva Brumlop (Institut für Sozialforschung Frankfurt) bilanzierte die betriebliche Frauenförderungspolitik. Während diese bis zu Beginn der neunziger Jahre Hochkonjunktur hatte, ist mittlerweile Stille eingetreten. Es gab sie überhaupt nur in 100 Großunternehmen, die schon viel in die Ausbildung von Frauen investiert hatten und ihre Blütezeit erlebten. In Klein- und Mittelbetrieben, in denen die Frauen wie die Krise eher zu Hause sind, gab es sie selten. Frauenförderung erstreckte sich vor allem auf Erziehungsurlaubs- und Teilzeitregelungen. Da setzte die Kritik ein. Allzuoft degenerierte Frauenförderung zu einem Mutter-und-Kind-Programm für Minderheiten. Wiedereinstellungszusagen waren nichts wert, wenn zum entscheidenden Zeitpunkt die Arbeitsplätze gleich ganz abgebaut waren. Hier wurde Frauenförderung als Regulierungsinstrument mißbraucht. Vollzeit- sei zugunsten von Teilzeitarbeit abgebaut worden. Die Konzepte setzen bei den Frauen selbst an und nicht bei den betrieblichen Strukturen. Notwendig sei eine breite Debatte, um das Problem als Geschlechterproblem kenntlich zu machen. Kontrovers diskutiert wurde, ob „Frauenförderung“ schon einen konzeptionellen Mangel selbst beinhaltet oder nur unter einem Demokratie- oder Praxisdefizit leidet. Erneut wurde sichtbar, wie sehr es gerade in Zeiten der Krise um grundlegende Strukturveränderungen für Männer und Frauen geht. Mechtild Jansen