Erster Angriff auf südjemenitische Hauptstadt

■ Aden mit zwei Scud-Raketen angegriffen / Wohnviertel getroffen / Führung des Südjemen verläßt die Stadt und räumt Verlust des Stützpunktes Al-Anad ein

Aden/London (AFP/dpa) – Die südjemenitische Hafenstadt Aden ist am Donnerstag abend zum ersten Mal seit Beginn des Bürgerkriegs Anfang Mai von Truppen aus dem Norden angegriffen worden. Das Führungsmitglied der Sozialistischen Partei Jahja Abd Al- Kawi teilte mit, zwei Scud-Raketen seien am späten Abend in der Nähe des Flughafens und in einem Wohngebiet eingeschlagen. Ersten Angaben aus Krankenhäusern zufolge wurden mindestens vier Menschen verletzt. Auch eine Stunde nach dem Angriff fuhren noch zahlreiche Rettungsfahrzeuge und Feuerwehrautos durch die Stadt. Soldaten sperrten die Gegend um die Angriffsziele ab.

Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, brachen die Menschen nach dem Angriff in Panik aus und suchten Zuflucht in Gebäuden. Unweit des Flughafens brach ein Feuer aus. Der Rauch war weithin sichtbar. Augenzeugen zufolge wurde die Kaserne der Luftabwehrstreitkräfte neben dem Flughafen bei dem Angriff getroffen. Weiteres Ziel sei die Halbinsel von Aden gewesen, wo sich die Offiziersmesse befindet. Ob sie getroffen wurde, war zunächst nicht klar. Al-Kawi teilte mit, eine Rakete habe ein Flugzeug vom Typ Antonow getroffen, das in großer Entfernung zu den Landebahnen abgestellt gewesen sei. Die zweite Rakete sei in dem Wohngebiet Dschebel Schams im Nordosten der Stadt eingeschlagen. Über die Zahl der Opfer konnte er zunächst keine Angaben machen.

Die nordjemenitischen Truppen hatten bereits am Mittwoch gemeldet, Aden sei fast vollständig umstellt. Außerdem meldeten sie gestern die Einnahme des tagelang umkämpften Luftstützpunktes Al- Anad 60 Kilometer nördlich von Aden.

Auch die Führung des Südjemen hat den Verlust des Stützpunktes zugegeben. Allerdings hätten die Südtruppen alle Kampfmaschinen, darunter modernste MiG-Jagdbomber, verlegt. „Sie haben eine leere Nußschale erobert“, kommentierte ein Sprecher des Südens. Die südjemenitische Führung hat sich unterdessen aus Aden in die weiter östlich gelegene Küstenstadt Mukalla zurückgezogen. In gut unterrichteten Kreisen Adens hieß es am Donnerstag, der abgesetzte Vizepräsident Ali Salem Al-Baid habe die Stadt bereits vor zwei Tagen verlassen und halte sich in der Grenzprovinz zu Oman, Hadramut, auf. Die nur noch aus Politikern aus dem Norden bestehende Staatsführung Jemens will Al-Baid, den ehemaligen Staatschef Südjemens, gefangennehmen.

„Dies ist ein taktischer Rückzug“, sagte ein Sprecher in Mukalla. „Wir wollten nicht, daß Aden zum Schlachthaus wird.“