Denn sie wissen, was sie tun

■ Auswärtiges Amt: Bürgerkrieg in Kurdistan, doch nur SPD-Länder stoppen Abschiebungen

Bonn/Berlin (AFP/taz) – Die sozialdemokratisch regierten Bundesländer verhängen nun im Alleingang einen Abschiebestopp. Bei einer Runde der Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag abend war keine bundeseinheitliche Regelung zu erzielen. Unionsregierte Länder beharren auf weiteren Abschiebungen – und dies obwohl ein Lagebericht des Auswärtigen Amtes nur zu deutlich vor den Gefahren in der Osttürkei warnt. Gestern verfügten Hessen und Niedersachsen Abschiebestopps und folgten damit Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die nordrhein-westfälische Landesregierung wird am 31. Mai, die Brandenburgs am 1. Juni über einen Abschiebestopp entscheiden.

Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) erklärte, er sei enttäuscht über die Haltung von Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU). Dieser wolle sich offensichtlich zu Lasten schutzbedürftiger Menschen als „law-and- order“-Politiker im rechten politischen Spektrum profilieren. Mit seiner Aussage, Kurden könnten in der Türkei sicher leben, stehe Kanther im Widerspruch zu den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes, des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge und von amnesty international.

Der „Lagebericht Türkei“, den das Auswärtige Amt im April verfaßt hat, zeichnet in der Tat ein düsteres Bild der Situation in Kurdistan. Aus dem internen Bericht, der der taz vorliegt, geht hervor, „daß die Lage in einigen, insbesondere den grenznahen Notstandsprovinzen des Südostens und Ostens den Charakter eines Guerilla-Bürgerkrieges trägt“. Der Staat sei „auf absehbare Zeit außerstande, in der Region Leben, Freiheit und Eigentum der vor Ort lebenden Bevölkerung zu schützen“. Übergriffe der Sicherheitskräfte in Form von Eigentumszerstörungen, Freiheitsberaubung, Mißhandlung oder Tötung, so der Bericht, „kommen im genannten Gebiet verbreitet vor“.

Trotzdem weigern sich die CDU/CSU- Länder, von der Abschiebung abzusehen. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) berief sich dabei auf vermeintliche innertürkische Fluchtmöglichkeiten. Der AA-Bericht führt aus, daß derjenige, der wegen des Bürgerkrieges „im Südosten nach Westen abwandert, dort weiterhin in Ruhe leben kann“. Demgegenüber weist die Bremer Senatorin Helga Trüpel (Bündnis 90/Grüne) darauf hin, daß die Verwaltungsgerichte ihres Landes „bereits die Gruppenverfolgung der Kurden bestätigt und Fluchtmöglichkeiten in die Westtürkei ausgeschlossen haben“. Dieter Rulff Seite 8