Reger Benzinschmuggel

■ Treibstoff wird illegal im Nachbarstaat eingekauft – und Grenzsoldaten sahnen ab

Den ganzen Tag lang überqueren junge Haitianer mit Kanistern den Grenzfluß, um auf der anderen Seite, in der Dominikanischen Republik, auf dem Schwarzmarkt Benzin einzukaufen. Manche von ihnen schleppen ein ganzes Bündel von Kunststoffbehältern. Äußerlich gelassen gehen sie durch die Straßen Dajabons und stellen sich schließlich in die Schlange vor den Häusern der Benzinverkäufer. Bei ihrer Rückkehr an der Grenze, so erzählen die Haitianer, müßten sie den dominikanischen Soldaten für jede mitgeführte Gallone Benzin (eine Gallone entspricht etwa vier Litern) anteilig Bakschisch zahlen.

Der Handel mit dem Treibstoff, der womöglich in die Hunderttausende von Gallonen monatlich geht, verstößt gegen das bereits seit längerem bestehende Handelsembargo der UNO gegen Haiti. Der Präsident der Dominikanischen Republik, Joaquin Balaguer, hat sich bislang geweigert, dem Gewerbe der Schwarzmarkthändler ein Ende zu setzen und die Soldaten, die in den verbotenen Handel mit den Haitianern involviert sind, abzumahnen.

Nicht nur einmal haben ausländische Diplomaten beklagt, daß die Dominikaner den lukrativen Handel mit Haiti weiterführten und jeglichen Versuch, die Grenze zuzumachen, blockierten. Anläßlich eines Besuchs in der Grenzregion jedoch konnten Beobachter feststellen, daß viele Dominikaner des klandestinen Handels, der durch die Wirtschaftsblockade erst richtig Auftrieb erhalten hat, überdrüssig sind. Viele klagen, daß der illegale Handel sie jenes Treibstoffs beraube, den sie für ihre Traktoren und Autos selber dringend bräuchten.

Seit Monaten schon müssen Ortsansässige stundenlang in langen Schlangen vor den Tankstellen warten, die heimischen Vorräte sind schnell aufgebraucht, denn Spekulanten haben gehortet für den Weiterverkauf an die Nachbarn aus Haiti. Manche kaufen aber auch bei den lokalen Schwarzmarktfürsten, die statt des regulären Tarifs von 1,50 Dollar pro Gallone oft das Doppelte verlangen. „Alles geht rüber nach Haiti“, sagt ein Wartender voller Verzweiflung.

Nach Angaben von US-Beobachtern werden auf diese Weise monatlich rund 1,3 Millionen Litern Benzin nach Haiti geschmuggelt. Offizielle Stellen in der Dominikanischen Republik bezweifeln diese Zahl. Auch bestreiten sie die Unterstellung, dominikanische Grenzsoldaten seien in diesen illegalen Handel verstrickt. „Es kann schon sein, daß der eine oder andere Kanister unkontrolliert den Weg über die Grenze findet“, so Oberst José Vargas Rodriguez, der in der nördlichen Grenzregion das Kommando führt. „Aber die Grenze umfaßt viele Kilometer, und wir können nicht überall kontrollieren.“ Ron Howell (wps),

Dajabon/Dom. Republik