Kandidat am Telefon: So geht es nicht

■ ... meint die taz und empfiehlt der SPD, ihre Klinkenputzer künftig sorgfältiger auszuwählen

Doch liebes – aus Gründen der Parteiräson hier nicht namentlich genanntes – Mitglied des Hamburger SPD-Wahlkampfteams, wir sind ganz Ihrer Meinung: Voscherau wäre der geeignetere Kanzlerkandidat. Gar keine Frage.

Wir hatten ja schon immer unsere Zweifel, ob der Genosse Scharping beim Wähler ankommt, seit gestern aber haben wir den Beweis. Er kommt nicht. Beim Wertungs-Telefonieren der SPD-Wahlkämpfer gestern nachmittag im Eimsbütteler Sozi-Kreishaus war der rheinland-pfälzische Ex-Hoffnungsträger dem Hamburger Bürgermeister hoffnungslos unterlegen. Dabei hatten beide die gleiche Ausgangsposition.

Angekommen beim PR-mäßig bestens vorbereiteten Euro-Wahlkampf-Auftakt der SPD mußten sich Voscherau und Scharping erst mal aufklären lassen, was zu tun sei. Richtig: Hörer abnehmen, wählen, klingeln lassen, melden, den überraschten Bürger am anderen Ende der Leitung auffordern, zur Wahl zu gehen, etc. ... ganz einfach.

Jedenfalls für Voscherau, der – einmal mit Informationen gespickt – seine Sache glänzend machte: „Voscherau, ja Henning Voscherau, ich rufe an, weil ...“, und dann packt der Bürgermeister den Gesprächspartner bei der Hanseaten-Ehre, „beim letzten Mal in Hamburg die geringste Wahlbeteiligung ... sorgen Sie dafür, daß wir nicht schon wieder Schlußlicht werden.“ 100 Prozent Erfolg, meldet der Senatschef am Schluß seiner Schicht. Welch ein Wahlkämpfer!

Und welch ein Unterschied: „Hier ist Rudolf Scharping.“ Schwupp, schon haut der Gesprächspartner den Hörer auf die Gabel. Zweiter Versuch: „Hier ist..., wollen Sie Informationsmaterial?“ Klingt nach untalentiertem Staubsaugervertreter. Wieder aufgelegt. Weitere Telefonate ersparte sich der – jawohl, wir insistieren – falsche Kandidat. Schließlich war Scharping auch ohne Tempo-Limit viel zu spät in Hamburg angekommen und sollte neben den Wählern auch noch Journalisten überzeugen.

Was ihm – pardon, aber die Kollegen waren einer Meinung – auch nicht so ganz gelungen ist. Vielleicht hätt's ja geholfen, wenn Scharping agil den Vorzeige-Wahlkämpfer Voscherau zum Schattenminister gemacht hätte. Verweigert, vorläufig jedenfalls. uex