Gegen Giovanni, Daniele und Salvatore

■ Mordprozeß gegen drei Sizilianer begann / Ambiente wie im Film Von Kai von Appen

Verschärfte Eingangskontrollen, Zivilpolizisten auf den Fluren des Strafjustizgebäudes. Einer der Angeklagten wird um kurz vor neun Uhr in einem Transporter mit quietschenden Rädern zum Holstenglacis gebracht, begleitet von Streifenwagen mit Blaulicht und schwerbewaffneten Polizisten. Unter strenger Bewachung werden er und seine beiden Mitangeklagten durch einen Tunnel direkt vom Untersuchungsgefängnis in den Gerichtssaal geführt, der mit einer Glastrennwand geteilt ist. Hinter dem Panzerglas sitzen Freunde und Angehörige. Dunkle Sonnenbrillen.

Das Ambiente am Sievekingsplatz entsprach gestern morgen der Ankündigung der Staatsanwaltschaft: „Den drei Sizilianern wird zu Last gelegt...“ Im Klartext: Die drei Männer von der italienischen Mittelmeerinsel müssen sich vor der Großen Strafkammer 21 des Hamburger Landgerichts wegen gemeinschaftlichen heimtückischen Mordes nach Mafia-Manier verantworten.

Und so liest sich auch die Anklage wie das Drehbuch eines klassischen Mafiafilmes. Danach sollen die drei Sizialianer in der Nacht zum 4. August 1993 gemeinsam gegen zwei Uhr nachts in einem Hinterhof St. Pauli Talstraße den 34jährigen Kiez-Albaner B. erschossen haben. Salvatore L. habe das aus Sizilien stammende Killerkommando Daniele S. und Giovanni G. mit seinem BMW vom Flughafen abgeholt und in die Nähe des Tatortes gebracht. Dann habe Daniele S. das Opfer durch drei gezielte Schüsse in den Rücken und Nacken umgelegt, während Giovanni G. mit der Knarre den Rückzug gesichert habe. Salvatore L. habe die beiden Killer dann in der Nähe des Tatorts wieder aufgenommen, sie zunächst in seinem Haus versteckt und den beiden Mafiosi später die Flucht aus Hamburg organisiert.

So zumindest die Anklage. Die drei Angeklagten schweigen zu den Vorwürfen. Während ihrer Vernehmungen gegenüber den Haftrichtern hatten die Männer den Auftragsmord stets bestritten und angegeben, nach Hamburg gekommen zu sein, um ein Auto zu kaufen. In den folgenden 15 Prozeßtagen mit 48 Zeugen möchte Staatsanwältin Gabriele Wulf in aufwendiger Puzzelarbeit den Angeklagten den Mafia-Mord nachweisen. Keine einfache Aufgabe, denn als Gegenpart hat sie es mit hochkarätigen Strafverteidigern wie Gerd Strate und Wolf Römmig zu tun.

Eine Kostprobe bekamen die Prozebeteiligten bereits zu Beginn des Verfahrens: Danach könnte der Prozeß schon bald platzen. Denn nach Angaben der Anwälte hat Salavatore L. in der Haft einen Hinterwand–Herzinfarkt erlitten, leidet seither unter akuten Kreislaufanfällen und könnte womöglich verhandlungsunfähig sein. Bislang habe sich die Strafvollzugsamt geweigert, Salvatore L. durch einen Kardiologen untersuchen zu lassen. Erst kürzlich sei der Sizilianer mit dem Notarzt ins Krankenhaus Bergedorf eingeliefert worden, wo sich der Herzinfarktverdacht bekräftigt habe. Ein genaues EKG sei jedoch nicht möglich gewesen, weil die Schwestern und Ärzte vor Aufregung nur zwei Elektroden anlegen konnten. Der Grund für den Streß: Während der EKG-Untersuchungen hätten Polizisten ihre Maschinenpistolen auf die MedizinerInnen gerichtet, um eine Befreiung nach Mafia-Manier zu verhindern – ganz wie im richtigen Mafiafilm.